Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Markt für Projekte im Bereich gasisolierter Schaltanlagen. Entscheidung, die von der Europäischen Kommission nach der teilweisen Nichtigerklärung der ursprünglichen Entscheidung durch das Gericht der Europäischen Union getroffen wurde. Änderung der Geldbußen. Verteidigungsrechte. Kein Erlass einer neuen Mitteilung der Beschwerdepunkte. Gleichbehandlung. Gemeinschaftsunternehmen. Berechnung des Ausgangsbetrags. Ausmaß des Beitrags zur Zuwiderhandlung. Rechtskraft
Beteiligte
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die Toshiba Corp. trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 29. März 2016,
Toshiba Corp. mit Sitz in Tokyo (Japan), vertreten durch J. F. MacLennan, Solicitor, S. Sakellariou, dikigoros, A. Schulz, Rechtsanwalt, und J. Jourdan, avocat,
Rechtsmittelführerin,
andere Partei des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch N. Khan als Bevollmächtigten,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Siebte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), des Richters A. Rosas und der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: E. Tanchev,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 26. April 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel begehrt die Toshiba Corp. die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Januar 2016, Toshiba/Kommission (T-404/12, im Folgenden: angefochtenes Urteil, EU:T:2016:18), mit dem dieses ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2012) 4381 der Kommission vom 27. Juni 2012 zur Änderung der Entscheidung K(2006) 6762 endg. vom 24. Januar 2007 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] (nunmehr Art. 101 AEUV) und Artikel 53 des EWR-Abkommens, soweit sie an die Mitsubishi Electric Corporation und die Toshiba Corporation gerichtet war (Sache COMP/39.966 – Gasisolierte Schaltanlagen – Geldbußen) (im Folgenden: streitiger Beschluss), abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss
Rz. 2
In den Rn. 1 bis 20 des angefochtenen Urteils wird die Vorgeschichte des Rechtsstreits wie folgt geschildert:
„1 [Toshiba] ist ein japanisches Unternehmen, das in mehreren Industriezweigen, u. a. im Bereich der gasisolierten Schaltanlagen (im Folgenden: GIS), tätig ist. Von Oktober 2002 bis April 2005 wurde ihre Tätigkeit im GIS-Bereich von dem Gemeinschaftsunternehmen TM T&D Corp. ausgeübt, das sich zu jeweils 50 % im Besitz [von Toshiba] und der Mitsubishi Electric Corp. (im Folgenden: [Mitsubishi]) befand und 2005 aufgelöst wurde.
2 Am 24. Januar 2007 erließ die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Entscheidung K(2006) 6762 endg. in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 des EWR-Abkommens (Sache COMP/F/38.899 – Gasisolierte Schaltanlagen) (im Folgenden: Entscheidung von 2007).
3 In der Entscheidung von 2007 stellte die Kommission eine einheitliche und fortgesetzte Zuwiderhandlung gegen Art. 81 EG und Art. 53 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum auf dem GIS-Markt im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) zwischen dem 15. April 1988 und dem 11. Mai 2004 fest und verhängte gegen die Adressaten dieser Entscheidung, europäische und japanische GIS-Hersteller, Geldbußen …
4 Die in der Entscheidung von 2007 bezeichnete Zuwiderhandlung umfasste drei wesentliche Elemente:
- eine in Wien am 15. April 1988 unterzeichnete Vereinbarung (im Folgenden: GQ-Abkommen), die die Zuteilung von GIS-Projekten weltweit nach vereinbarten Regeln betraf, um die Kontingente beizubehalten, die weitgehend den ‚geschätzten historischen Marktanteilen’ entsprachen; das GQ-Abkommen galt für die ganze Welt, ausgenommen die Vereinigten Staaten, Kanada, Japan und 17 westeuropäische Länder, und beruhte auf der Zuteilung eines ‚gemeinsamen japanischen Gesamtkontingents’ an die japanischen Hersteller und eines ‚gemeinsamen europäischen Gesamtkontingents’ an die europäischen Hersteller;
- eine parallele Vereinbarung (im Folgenden: Übereinkunft), nach der einerseits die GIS-Projekte in Japan und in den Ländern der europäischen Kartellmitglieder den japanischen bzw. den europäischen Kartellmitgliedern vorbehalten waren und andererseits die GIS-Projekte in den sonstigen europäischen Ländern ebenfalls der europäischen Gruppe vorbehalten waren, da sich die japanischen Hersteller verpflichtet hatten, für Projekte in Europa keine Angebote einzureichen; im Gegenzug mussten solche Projekte der japanischen Gruppe gemeldet und auf das im GQ-Abkommen vorgesehene ‚gemeinsame europäische Gesamtkontingent’ angerechnet werden;
- eine am 15. April 1988 in Wien unterzeichnete Vereinbarung mit der Bezeichnung ‚E-Group Operation Agreement for GQ-Agreement’ (Vereinbarung der E-Gruppe über die Durchführung des GQ-Ab...