Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Luftverkehr. Anwendungsbereich. Begriff ‚Flugschein’. Begriff ‚Buchung’. Begriff ‚direkter Anschlussflug’. Buchung über ein Reisebüro. Ausgleichsleistungen für Fluggäste bei großer Verspätung von Flügen. Beförderungsvorgang, der aus mehreren, von unterschiedlichen ausführenden Luftfahrtunternehmen durchgeführten Flügen besteht. Direkte Anschlussflüge mit Abflug aus einem Mitgliedstaat, Zwischenlandung in der Schweiz und Endziel in einem Drittstaat
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 261/2004 Art. 3 Abs. 1 Buchst. a, Art. 2 Buchst. f., Buchst. g, h, Art. 7
Beteiligte
Tenor
Art. 2 Buchst. h der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91
ist dahin auszulegen, dass
der Begriff „direkte Anschlussflüge” einen Beförderungsvorgang erfasst, der aus mehreren Flügen besteht, die von unterschiedlichen, nicht durch eine besondere rechtliche Beziehung miteinander verbundenen ausführenden Luftfahrtunternehmen durchgeführt werden, wenn diese Flüge von einem Reisebüro zusammengefasst wurden, das für diesen Vorgang einen Gesamtpreis in Rechnung gestellt und einen einheitlichen Flugschein ausgegeben hat, so dass einem Fluggast, der auf einem Flughafen im Gebiet eines Mitgliedstaats einen Flug angetreten hat und bei der Ankunft am Zielort des letzten Fluges mit großer Verspätung gelandet ist, der Ausgleichsanspruch nach Art. 7 dieser Verordnung zusteht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesgerichtshof (Deutschland) mit Beschluss vom 22. Juni 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 15. Juli 2021, in dem Verfahren
flightright GmbH
gegen
American Airlines Inc.
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Jääskinen sowie der Richter M. Safjan und N. Piçarra (Berichterstatter),
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der flightright GmbH, vertreten durch Rechtsanwälte M. Michel und R. Weist,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, G. Wilms und N. Yerrell als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 2, 3 und 7 der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Februar 2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 (ABl. 2004, L 46, S. 1) sowie von Art. 2 und des Anhangs des Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft über den Luftverkehr (ABl. 2002, L 114, S. 73), das am 21. Juni 1999 in Luxemburg unterzeichnet wurde und im Namen der Europäischen Gemeinschaft mit dem Beschluss 2002/309/EG, Euratom des Rates und – bezüglich des Abkommens über die wissenschaftliche und technische Zusammenarbeit – der Kommission vom 4. April 2002 über den Abschluss von sieben Abkommen mit der Schweizerischen Eidgenossenschaft genehmigt wurde, in der durch den Beschluss Nr. 1/2017 des Gemischten Luftverkehrausschusses Europäische Union/Schweiz, der durch dieses Abkommen eingesetzt wurde, vom 29. November 2017 (ABl. 2017, L 348, S. 46) geänderten Fassung (im Folgenden: Abkommen EG-Schweiz).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der flightright GmbH, einer Gesellschaft für Rechtshilfe für Fluggäste, und der American Airlines Inc., einem Luftfahrtunternehmen, über eine wegen großer Verspätung eines Fluges bei der Ankunft am Endziel geforderten Ausgleichsleistung nach der Verordnung Nr. 261/2004.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 3
Der erste Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 261/2004 lautet:
„Die Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich des Luftverkehrs sollten unter anderem darauf abzielen, ein hohes Schutzniveau für Fluggäste sicherzustellen. Ferner sollte den Erfordernissen des Verbraucherschutzes im Allgemeinen im vollen Umfang Rechnung getragen werden.”
Rz. 4
Art. 2 („Begriffsbestimmungen”) dieser Verordnung bestimmt:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck
…
b) ‚ausführendes Luftfahrtunternehmen’ ein Luftfahrtunternehmen, das im Rahmen eines Vertrags mit einem Fluggast oder im Namen einer anderen – juristischen oder natürlichen – Person, die mit dem betreffenden Fluggast in einer Vertragsbeziehung steht, einen Flug durchführt oder durchzuführen beabsichtigt;
…
d) ‚Reiseunternehmen’ einen Veranstalter im Sinne von Artik...