Entscheidungsstichwort (Thema)
Freier Warenverkehr. Mengenmäßige Beschränkungen. Maßnahmen gleicher Wirkung. Phytosanitäre Erzeugnisse. Genehmigung für das Inverkehrbringen. Parallelimport. Erfordernis einer im Ausfuhrstaat gemäß der Richtlinie 91/414/EWG erteilten Genehmigung für das Inverkehrbringen
Beteiligte
Ministère de l'Agriculture, de l'Agroalimentaire et de la Forêt |
Tenor
Die Art. 34 AEUV und 36 AEUV sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, die die Erteilung einer Genehmigung für den Parallelimport eines Pflanzenschutzmittels ausschließt, dessen Inverkehrbringen im Ausfuhrmitgliedstaat nicht auf der Grundlage der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln genehmigt wurde, für das aber eine Genehmigung zum Parallelimport erteilt wurde und das als mit einem im Einfuhrmitgliedstaat gemäß dieser Richtlinie zugelassenen Erzeugnis übereinstimmend angesehen werden kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d'État (Frankreich) mit Entscheidung vom 28. Dezember 2012, beim Gerichtshof eingegangen am 6. März 2013, in dem Verfahren
Mac GmbH
gegen
Ministère de l'Agriculture, de l'Agroalimentaire et de la Forêt
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten T. von Danwitz sowie der Richter A. Rosas, E. Juhász, D. Šváby (Berichterstatter) und C. Vajda,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Mac GmbH, vertreten durch M. Le Berre, avocat,
- des Ministère de l'Agriculture, de l'Agroalimentaire et de la Forêt, vertreten durch I. Chalkias und E. Chroni als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch S. Menez und D. Colas als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wilms und P. Ondrůšek als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 22. Mai 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 34 AEUV und 36 AEUV.
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Mac GmbH (im Folgenden: Mac) und dem Ministère de l'Agriculture, de l'Agroalimentaire et de la Forêt (Ministerium für Land-, Ernährungs- und Forstwirtschaft) über dessen Weigerung, eine Genehmigung für das Inverkehrbringen eines Pflanzenschutzmittels in Frankreich als Parallelimport zu erteilen, für das im Vereinigten Königreich eine solche Genehmigung erteilt wurde.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Mit der Richtlinie 91/414/EWG des Rates vom 15. Juli 1991 über das Inverkehrbringen von Pflanzenschutzmitteln (ABl. L 230, S. 1, und – Berichtigung – ABl. 1992, L 170, S. 40) werden einheitliche Regeln für die Voraussetzungen und das Verfahren für die Zulassung (im Folgenden auch: Genehmigung für das Inverkehrbringen bzw. Genehmigung) von Pflanzenschutzmitteln sowie die Überprüfung und die Rücknahme der Zulassung eingeführt. Mit der Richtlinie sollen nicht nur die Vorschriften über die Voraussetzungen und die Verfahren für die Zulassung dieser Erzeugnisse vereinheitlicht, sondern auch ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Menschen und Tieren sowie für die Umwelt gegen die Bedrohungen und Gefahren gewährleistet werden, die sich aus der unzureichend kontrollierten Verwendung dieser Erzeugnisse ergeben. Diese Richtlinie soll außerdem Hindernisse für den freien Verkehr der Pflanzenschutzmittel beseitigen.
Rz. 4
Die Richtlinie 91/414 betrifft insbesondere die Zulassung, das Inverkehrbringen, die Anwendung und die Kontrolle von Pflanzenschutzmitteln in handelsüblicher Form in der Europäischen Union. Unter „Inverkehrbringen” ist nach Art. 2 Nr. 10 dieser Richtlinie jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe, ausgenommen die Abgabe zur Lagerung mit anschließender Ausfuhr aus dem Gebiet der Gemeinschaft, zu verstehen. Die Einfuhr eines Pflanzenschutzmittels in dieses Gebiet wird als Inverkehrbringen im Sinne der genannten Richtlinie angesehen.
Rz. 5
In Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 91/414 heißt es:
„Die Mitgliedstaaten schreiben vor, dass in ihrem Gebiet nur die Pflanzenschutzmittel in Verkehr gebracht und angewendet werden dürfen, die sie nach den Bestimmungen dieser Richtlinie zugelassen haben …”
Rz. 6
In Art. 4 dieser Richtlinie sind u. a. die Voraussetzungen aufgeführt, die ein Pflanzenschutzmittel für die Zulassung erfüllen muss. Nach diesem Artikel müssen in der Zulassung die Auflagen hinsichtlich des Inverkehrbringens und der Anwendung der Mittel präzisiert werden. Die Zulassungen werden nur für einen von den Mitgliedstaaten festgelegten Zeitraum von höchstens zehn Jahren erteilt. Sie können jederzeit überprüft werden und müssen unter bestimmten Voraussetzungen zurückgenommen werden. Nimmt ein Mitgliedstaat eine Zulassung zurück, unterrichtet er unverzüglich den Inh...