Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Wettbewerb. Missbrauch einer beherrschenden Stellung. Markt für Magengeschwür-Arzneimittel. Missbrauch der Verfahren zur Erlangung ergänzender Schutzzertifikate für Arzneimittel und zur Erlangung einer Genehmigung für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln. Irreführende Darstellungen. Widerruf von Genehmigungen für das Inverkehrbringen. Hindernisse für das Inverkehrbringen von Generika und für Paralleleinfuhren

 

Beteiligte

AstraZeneca / Commisson

Europäische Kommission

AstraZeneca AB

AstraZeneca plc

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel und die Anschlussrechtsmittel werden zurückgewiesen.

2. Die AstraZeneca AB und die AstraZeneca plc tragen die Kosten im Zusammenhang mit ihrem Rechtsmittel.

3. Die European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) trägt die Kosten ihres Anschlussrechtsmittels und ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit dem Rechtsmittel der AstraZeneca AB und der AstraZeneca plc.

4. Die Europäische Kommission trägt ihre eigenen Kosten im Zusammenhang mit ihrem Anschlussrechtsmittel.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 15. September 2010,

AstraZeneca AB mit Sitz in Södertälje (Schweden),

AstraZeneca plc mit Sitz in London (Vereinigtes Königreich),

Prozessbevollmächtigte: M. Brealey, QC, M. Hoskins, QC, D. Jowell, Barrister, und F. Murphy, Solicitor,

Rechtsmittelführerinnen,

andere Parteien:

Europäische Kommission, vertreten durch F. Castillo de la Torre, É. Gippini Fournier und J. Bourke als Bevollmächtigte,

Beklagte im ersten Rechtszug,

European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) mit Sitz in Genf (Schweiz), Prozessbevollmächtigter: M. Van Kerckhove, advocaat,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits, J.-J. Kasel und M. Safjan,

Generalanwalt: J. Mazák,

Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Januar 2012,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 15. Mai 2012

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die AstraZeneca AB und die AstraZeneca plc die Aufhebung des Urteils des Gerichts der Europäischen Union vom 1. Juli 2010, AstraZeneca/Kommission (T-321/05, Slg. 2010, II-2805; im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung C (2005) 1757 final der Kommission vom 15. Juni 2005 in einem Verfahren nach Artikel 82 [EG] und Artikel 54 EWR-Abkommen (Sache COMP/A.37.507/F3 – AstraZeneca; im Folgenden: streitige Entscheidung) weitgehend abgewiesen hat. Mit dieser Entscheidung hatte die Europäische Kommission gegen die beiden Unternehmen eine Geldbuße von insgesamt 60 Mio. Euro dafür verhängt, dass sie das Patentsystem und die Verfahren für das Inverkehrbringen von Arzneimitteln missbräuchlich dazu benutzt hätten, das Auftreten von in Wettbewerb stehenden Generika auf dem Markt zu verhindern oder herauszuzögern und den Parallelhandel zu erschweren.

Rz. 2

Der Antrag auf Aufhebung des angefochtenen Urteils und auf Nichtigerklärung der streitigen Entscheidung wird von der European Federation of Pharmaceutical Industries and Associations (EFPIA) unterstützt, die zu diesem Zweck Anschlussrechtsmittel eingelegt hat.

Rz. 3

Anschlussrechtsmittel ist auch von der Kommission eingelegt worden, die die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragt, soweit damit die streitige Entscheidung teilweise für nichtig erklärt und abgeändert worden ist.

Rechtlicher Rahmen

Richtlinie 65/65/EWG

Rz. 4

Die Richtlinie 65/65/EWG des Rates vom 26. Januar 1965 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften über Arzneimittel (ABl. 1965, Nr. 22, S. 369) sah in Art. 3 Abs. 1 ihrer auf den vorliegenden Sachverhalt anwendbaren Fassung vor, dass „[e]in Arzneimittel … in einem Mitgliedstaat erst dann in den Verkehr gebracht werden [darf], wenn von der zuständigen Behörde dieses Mitgliedstaats … eine Genehmigung für das Inverkehrbringen erteilt wurde”.

Rz. 5

Art. 4 Abs. 3 dieser Richtlinie regelte, welche Angaben und Unterlagen die für das Inverkehrbringen verantwortliche Person beibringen musste, um eine Genehmigung für das Inverkehrbringen (im Folgenden: Zulassung) zu erhalten. Nach Art. 4 Abs. 3 Nr. 8 dieser Richtlinie war Folgendes vorzulegen:

„Ergebnisse von Versuchen:

  • physikalisch-chemischer, biologischer oder mikrobiologischer Art;
  • pharmakologischer und toxikologischer Art;
  • ärztlicher oder klinischer Art.

Unbeschadet des Rechtsschutzes des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gilt jedoch Folgendes:

a) Der Antragsteller ist nicht verpflichtet, die Ergebnisse der pharmakologischen und toxikologischen Versuche oder die Ergebnisse der ärztlichen oder klinischen Versuche vorzulegen, wenn er entweder nachweisen kann,

ii) oder – unter eingehe...

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