Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge. Gleichstellung eines Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens mit einem Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren. Voraussetzungen. Ausgabe von kartengebundenen Zahlungsinstrumenten durch ein Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren ‚gemeinsam mit einem Co-Branding-Partner oder mittels eines Vertreters’. Begriff des ‚Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens’. Gültigkeit
Normenkette
Verordnung (EU) 2015/751 Art. 1 Abs. 5, Art. 2 Nr. 18
Beteiligte
The Lords Commissioners of Her Majesty's Treasury |
Tenor
1. Art. 1 Abs. 5 der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge ist dahin auszulegen, dass im Rahmen einer Vereinbarung zwischen einem Co-Branding-Partner oder Vertreter und einem Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren der Co-Branding-Partner oder Vertreter nicht als Emittent im Sinne von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung handeln muss, um im Sinne von Art. 1 Abs. 5 der Verordnung dieses Verfahren als eines einzustufen, das mit einem Co-Branding-Partner oder mittels eines Vertreters kartengebundene Zahlungsinstrumente herausgibt, und damit als ein Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten.
2. Die Prüfung der zweiten Vorlagefrage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 der Verordnung 2015/751 berühren könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court of Justice (England & Wales), Queen's Bench Division (Administrative Court) (Hoher Gerichtshof [England und Wales], Abteilung Queen's Bench (Verwaltungskammer, Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 11. April 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 30. Mai 2016, in dem Verfahren
The Queen, auf Antrag von:
American Express Company,
gegen
The Lords Commissioners of Her Majesty's Treasury,
Beteiligte:
Diners Club International Limited,
MasterCard Europe SA,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin R. Silva de Lapuerta sowie der Richter C. G. Fernlund, J.-C. Bonichot, S. Rodin und E. Regan (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: C. Strömholm, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2017,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der American Express Company, vertreten durch J. Turner, QC, J. Holmes, QC, L. John, Barrister, sowie I. Taylor, H. Ware und J. Slade, Solicitors,
- der MasterCard Europe SA, vertreten durch P. Harrison, S. Kinsella und K. Le Croy, Solicitors, sowie Rechtsanwälte S. Pitt und J. Bedford,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch M. Holt, D. Robertson, J. Kraehling und C. Crane als Bevollmächtigte im Beistand von G. Facenna und M. Hall, QC,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo, M. Rebelo und G. Fonseca als Bevollmächtigte,
- des Europäischen Parlaments, vertreten durch P. Schonard und A. Tamás als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch J. Bauerschmidt, I. Gurov und E. Moro als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe, J. Samnadda und T. Scharf als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. Juli 2017
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung und die Gültigkeit von Art. 1 Abs. 5 und Art. 2 Nr. 18 sowie die Auslegung von Art. 2 Nr. 2 der Verordnung (EU) 2015/751 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über Interbankenentgelte für kartengebundene Zahlungsvorgänge (ABl. 2015, L 123, S. 1).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der American Express Company und The Lords Commissioners of Her Majesty's Treasury (Lords Commissioners des Finanzministeriums, Vereinigtes Königreich, im Folgenden: Lords Commissioners) zu den Umständen, unter denen Drei-Parteien-Kartenzahlverfahren gemäß Art. 1 Abs. 5 der Verordnung als Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren zu betrachten sind.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung 2015/751
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 10, 28, 29 und 43 der Verordnung 2015/751 heißt es:
„(10) … Zusätzlich zur kohärenten Anwendung der Wettbewerbsregeln auf die Interbankenentgelte würde eine Regulierung dieser Entgelte das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern und zu einer Verringerung der Transaktionskosten für die Verbraucher beitragen.
…
(28) Kartengebundene Zahlungsvorgänge erfolgen im Allgemeinen auf der Grundlage zweier Geschäftsmodelle, nämlich des Drei-Parteien-Kartenzahlverfahrens (Karteninhaber – Annahme- und Abrechnungs- sowie Kartenausgabeverfahren – Händler) und des Vier-Parteien-Kartenzahlverfahrens (Karteninhaber – kartenausgebende Bank – Acquirer – Händler). Viele Vier-Parteien-Kartenzahlverfahren umfassen ein...