Entscheidungsstichwort (Thema)
Kfz-Zulassung, Umweltsteuer, Rumänien, Ungleichbehandlung von in anderen Mitgliedstaaten erworbener Kfz
Leitsatz (amtlich)
Art. 110 AEUV ist dahin auszulegen, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, eine Umweltsteuer einzuführen, die auf Kraftfahrzeuge bei deren erstmaliger Zulassung in diesem Mitgliedstaat erhoben wird, wenn diese steuerliche Maßnahme in der Weise ausgestaltet ist, dass sie die Inbetriebnahme von in anderen Mitgliedstaaten erworbenen Gebrauchtfahrzeugen in diesem Mitgliedstaat erschwert, ohne zugleich den Erwerb von Gebrauchtfahrzeugen desselben Alters und mit derselben Abnutzung auf dem inländischen Markt zu erschweren.
Normenkette
AEUV Art. 110
Beteiligte
Statul român prin Ministerul Finanţelor şi Economiei |
Direcţia Generală a Finanţelor Publice Sibiu |
Administraţia Finanţelor Publice Sibiu |
Administraţia Fondului pentru Mediu |
Verfahrensgang
Tribunal Sibiu (Rumänien) (Urteil vom 18.06.2009; Abl.EU. 2010, Nr. C 24/19) |
Tatbestand
„Inländische Abgaben ‐ Art. 110 AEUV ‐ Umweltsteuer, die bei der erstmaligen Zulassung von Kraftfahrzeugen erhoben wird ‐ Steuerliche Neutralität zwischen eingeführten Gebrauchtfahrzeugen und gleichartigen Fahrzeugen, die sich bereits auf dem inländischen Markt befinden“
In der Rechtssache C-402/09
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Tribunal Sibiu (Rumänien) mit Entscheidung vom 18. Juni 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Oktober 2009, in dem Verfahren
Ioan Tatu
gegen
Statul român prin Ministerul Finanţelor şi Economiei,
Direcţia Generală a Finanţelor Publice Sibiu,
Administraţia Finanţelor Publice Sibiu,
Administraţia Fondului pentru Mediu,
Ministerul Mediului
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter J.-J. Kasel, M. Ilešič (Berichterstatter), E. Levits und M. Safjan,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: R. Şereş, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 28. Oktober 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
‐ von Herrn Tatu, vertreten durch Rechtsanwalt D. Târşia,
‐ der rumänischen Regierung, vertreten durch A. Popescu und E. Gane als Bevollmächtigte sowie durch V. Angelescu als Berater,
‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und K. Havlíčková als Bevollmächtigte,
‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Triantafyllou und L. Bouyon als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 27. Januar 2011
folgendes
Urteil
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 90 EG.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Tatu einerseits und dem Statul român prin Ministerul Finanţelor şi Economiei (Rumänischer Staat, vertreten durch das Ministerium für Finanzen und Wirtschaft), der Direcţia Generală a Finanţelor Publice Sibiu (Generaldirektion für öffentliche Finanzen Sibiu), der Administraţia Finanţelor Publice Sibiu (Amt für öffentliche Finanzen Sibiu), der Administraţia Fondului pentru Mediu (Umweltfonds-Amt) sowie dem Ministerul Mediului (Umweltministerium) andererseits über eine Steuer, die Herr Tatu bei der Zulassung seines aus einem anderen Mitgliedstaat stammenden Kraftfahrzeugs entrichten musste.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die europäischen Emissionsklassen legen die tolerierbaren Grenzwerte für Abgasemissionen neuer, in den Mitgliedstaaten der Europäischen Union verkaufter Kraftfahrzeuge fest. Der erste Grenzwert dieser Art (allgemein als Euro 1 bezeichnet) wurde durch die am 1. Januar 1992 in Kraft getretene Richtlinie 91/441/EWG des Rates vom 26. Juni 1991 zur Änderung der Richtlinie 70/220/EWG zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über Maßnahmen gegen die Verunreinigung der Luft durch Emissionen von Kraftfahrzeugen (ABl. L 242, S. 1) eingeführt. Seitdem wurden die Vorschriften in diesem Bereich mit dem Ziel einer Verbesserung der Luftqualität in der Union stetig verschärft.
Rz. 4
Die Emissionsklasse Euro 2 wurde mit Wirkung zum 1. Januar 1996 eingeführt. Später hat der Gemeinschaftsgesetzgeber weitere Emissionsklassen eingeführt. In Anwendung der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen für Fahrzeuge (ABl. L 171, S. 1) ist der derzeit geltende Grenzwert derjenige der Emissionsklasse Euro 5, und für 2014 ist die Einführung einer Emissionsklasse Euro 6 vorgesehen.
Rz. 5
Im Übrigen unterscheidet die Richtlinie 2007/46/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. September 2007 zur Schaffung eines Rahmens für die Genehmigung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge (Rah...