Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Diskriminierungsverbot. Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Friedensrichter und Berufsrichter. Paragraf 5. Maßnahmen zur Ahndung des missbräuchlichen Einsatzes befristeter Arbeitsverträge. Bezahlter Jahresurlaub
Normenkette
Richtlinie 2003/88/EG Art. 7; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit § 4; EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge §§ 2, 4
Beteiligte
Ministero della Giustizia u.a |
Ministero della Giustizia |
CSM – Consiglio Superiore della Magistratura |
Presidenza del Consiglio dei Ministri |
Tenor
1. Art. 7 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, Paragraf 4 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit, die im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 geänderten Fassung enthalten ist, sowie Paragraf 4 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom 28. Juni 1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der Friedensrichter anders als Berufsrichter weder Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub von 30 Tagen noch auf ein vom Arbeitsverhältnis abhängiges Sozial- und Altersversorgungssystem haben, wenn der Friedensrichter unter den Begriff „Teilzeitbeschäftigter” im Sinne der Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit und/oder „befristet beschäftigter Arbeitnehmer” im Sinne der Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge fällt und sich in einer dem Berufsrichter vergleichbaren Lage befindet.
2. Paragraf 5 Nr. 1 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift entgegensteht, nach der ein befristetes Arbeitsverhältnis höchstens drei Mal nacheinander um jeweils vier Jahre für eine Dauer von nicht mehr als 16 Jahren verlängert werden darf und die keine Möglichkeit für eine wirksame und abschreckende Ahndung missbräuchlicher Verlängerungen von Arbeitsverhältnissen vorsieht.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale amministrativo regionale per l'Emilia Romagna (Regionales Verwaltungsgericht Emilia Romagna, Italien) mit Entscheidung vom 27. Mai 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 4. Juni 2020, in dem Verfahren
PG
gegen
Ministero della Giustizia,
CSM – Consiglio Superiore della Magistratura,
Presidenza del Consiglio dei Ministri,
Beteiligte:
Unione Nazionale Giudici di Pace (Unagipa),
TR,
PV,
Associazione Nazionale Giudici di Pace – ANGDP,
RF,
GA,
GOT Non Possiamo Piú Tacere,
Unione Nazionale Italiana Magistrati Onorari – UNIMO,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Richterin I. Ziemele sowie der Richter T. von Danwitz, P. G. Xuereb und A. Kumin,
Generalanwältin: J. Kokott,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von PG, vertreten durch L. Serino, E. Lizza und G. Romano, Avvocati,
- von PV und Associazione Nazionale Giudici di Pace - ANGDP, vertreten durch G. Guida und V. De Michele, Avvocati,
- von Unione Nazionale Giudici di Pace (Unagipa) und TR, vertreten durch G. Guida, V. De Michele und F. Visco, Avvocati,
- von RF, vertreten durch B. Nascimbene und F. Rossi Dal Pozzo, Avvocati,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Sclafani und A. Vitale, Avvocati dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch B.-R. Killmann und D. Recchia als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 20, 21, 31, 33, 34 und 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta), von Paragraf 4 der am 6. Juni 1997 geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (im Folgenden: Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit), die im Anhang der Richtlinie 97/81/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 zu der von UNICE, CEEP und EGB geschlossenen Rahmenvereinbarung über Teilzeitarbeit (ABl. 1998, L 14, S. 9, berichtigt in ABl. 1998, L 128, S. 71) in der durch die Richtlinie 98/23/EG des Rates vom 7. April 1998 (ABl. 1998, L 131, S. 10) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 97/81) enthalten ist, der Paragrafen 2, 4 und 5 der am 18. März 1999 geschlossenen Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge (im Folgenden: Rahmenvereinbarung üb...