Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Zulassung zum Rechtsanwaltsberuf. Mönch, der seine Berufsqualifikation als Rechtsanwalt in einem anderen Mitgliedstaat als dem Aufnahmestaat erworben hat. Voraussetzung für die Eintragung bei der zuständigen Stelle des Aufnahmestaats. Bescheinigung über die Eintragung bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats. Verweigerung der Eintragung. Berufs- und Standesregeln. Unvereinbarkeit der Eigenschaft als Mönch mit der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs
Normenkette
Richtlinie 98/5/EG Art. 3 Abs. 2
Beteiligte
Dikigorikos Syllogos Athinon |
Tenor
Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde, ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, wonach es einem Rechtsanwalt, der Mönch ist und bei der zuständigen Stelle des Herkunftsstaats als Rechtsanwalt eingetragen ist, aufgrund der nach dieser Regelung vorgesehenen Unvereinbarkeit zwischen der Eigenschaft als Mönch und der Ausübung des Rechtsanwaltsberufs verboten ist, sich bei der zuständigen Stelle des Aufnahmestaats eintragen zu lassen, um dort seinen Beruf unter der ursprünglichen Berufsbezeichnung auszuüben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Symvoulio tis Epikrateias (Staatsrat, Griechenland) mit Entscheidung vom 29. Juni 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Juli 2017, in dem Verfahren
Monachos Eirinaios, kata kosmon Antonios Giakoumakis tou Emmanouil,
gegen
Dikigorikos Syllogos Athinon
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta, der Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, A. Arabadjiev und T. von Danwitz, der Kammerpräsidentin C. Toader, des Kammerpräsidenten F. Biltgen, der Kammerpräsidentin K. Jürimäe und des Kammerpräsidenten C. Lycourgos sowie der Richter J. Malenovský, E. Levits, L. Bay Larsen (Berichterstatter), M. Safjan, C. Vajda und S. Rodin,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. September 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Monachos Eirinaios, kata kosmon Antonios Giakoumakis tou Emmanouil, vertreten durch A. Charokopou, dikigoros,
- des Dikigorikos Syllogos Athinon, vertreten durch D. Vervesos und P. Nikolopoulos, dikigoroi,
- der griechischen Regierung, vertreten durch M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und M. L. Noort als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch H. Tserepa-Lacombe und H. Støvlbæk als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 19. Dezember 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsverfahren betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 2 der Richtlinie 98/5/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Februar 1998 zur Erleichterung der ständigen Ausübung des Rechtsanwaltsberufs in einem anderen Mitgliedstaat als dem, in dem die Qualifikation erworben wurde (ABl. 1998, L 77, S. 36).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Monachos Eirinaios, kata kosmon Antonios Giakoumakis tou Emmanouil (Bruder Ireneos, geborener Antonios Giakoumakis, Sohn von Emmanouil, im Folgenden: Bruder Ireneos), und dem Dikigorikos Syllogos Athinon (Rechtsanwaltskammer Athen, Griechenland, im Folgenden: DSA) wegen der Weigerung dieser Stelle, seinem Antrag auf Eintragung in das besondere Verzeichnis der Rechtsanwaltskammer Athen als Anwalt, der unter seiner ursprünglichen Berufsbezeichnung tätig ist, stattzugeben.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 2, 6 und 8 der Richtlinie 98/5 heißt es:
„(2) … Zweck der … Richtlinie [89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988 über eine allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen, (ABl. 1989, L 19, S. 16)] ist die Integration des Rechtsanwalts in den Berufsstand des Aufnahmestaats. Sie zielt weder darauf ab, dass die dort geltenden Berufs- und Standesregeln geändert werden, noch dass der betreffende Anwalt ihrer Anwendung entzogen wird.
…
(6) Ein Tätigwerden auf Gemeinschaftsebene ist auch deswegen gerechtfertigt, weil bisher erst einige Mitgliedstaaten gestatten, dass Rechtsanwälte aus anderen Mitgliedstaaten unter ihrer ursprünglichen Berufsbezeichnung eine Anwaltstätigkeit in anderer Form denn als Dienstleistung in ihrem Gebiet ausüben. In den Mitgliedstaaten, in denen diese Möglichkeit gegeben ist, gelten sehr unterschiedliche Modalitäten, beispielsweise was das Tätigkeitsfeld und die Pflicht zur Eintragung bei den zuständigen Stellen betrifft. Solche unterschiedlichen S...