Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Zulässigkeit. Begriff ‚Gericht‘. Nationale Schiedskommission, die für die Dopingbekämpfung im Bereich des Sports zuständig ist. Kriterien. Unabhängigkeit der vorlegenden Einrichtung. Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes. Unzulässigkeit des Vorabentscheidungsersuchens
Normenkette
AEUV Art. 267
Beteiligte
Tenor
Das von der Unabhängigen Schiedskommission Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2021 eingereichte Vorabentscheidungsersuchen ist unzulässig.
Tatbestand
In der Rechtssache C-115/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Unabhängigen Schiedskommission Wien (Österreich) mit Entscheidung vom 21. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2022, in dem Verfahren
SO,
Beteiligte:
Nationale Anti-Doping Agentur Austria GmbH (NADA),
Österreichischer Leichtathletikverband (ÖLV),
World Anti-Doping Agency (WADA),
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten K. Lenaerts, des Vizepräsidenten L. Bay Larsen, der Kammerpräsidentinnen A. Prechal und K. Jürimäe, der Kammerpräsidenten C. Lycourgos, T. von Danwitz, F. Biltgen und Z. Csehi, der Kammerpräsidentin O. Spineanu-Matei sowie der Richter J.-C. Bonichot, S. Rodin, J. Passer (Berichterstatter), D. Gratsias, der Richterin M. L. Arastey Sahún und des Richters M. Gavalec,
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: D. Dittert,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 2. Mai 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – von SO, vertreten durch Rechtsanwalt J. Öhlböck,
- – der Nationalen Anti-Doping Agentur Austria GmbH (NADA), vertreten durch A. Sammer als Bevollmächtigten im Beistand der Rechtsanwälte P. Lohberger und A. Schütz,
- – der World Anti-Doping Agency (WADA), vertreten durch D. P. Cooper, Solicitor, im Beistand von A.-S. Oberschelp de Meneses, Avocate, K. Van Quathem, B. Van Vooren, Advocaten, und L. Waty, Avocat,
- – der belgischen Regierung, vertreten durch P. Cottin und J.-C. Halleux als Bevollmächtigte,
- – der französischen Regierung, vertreten durch R. Bénard und A.-L. Desjonquères als Bevollmächtigte,
- – der lettischen Regierung, vertreten durch E. Bardiņš, J. Davidoviča und K. Pommere als Bevollmächtigte,
- – der luxemburgischen Regierung, vertreten durch A. Germeaux und T. Schell als Bevollmächtigte,
- – der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, M. Heller und H. Kranenborg als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 14. September 2023
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Abs. 1 Buchst. a und c, Art. 6 Abs. 3 sowie der Art. 9 und 10 der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung) (ABl. 2016, L 119, S. 1, berichtigt in ABl. 2018, L 127, S. 2, im Folgenden: DSGVO).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Schiedsverfahrens zwischen SO, einer Wettkampfsportlerin, und der Nationalen Anti-Doping Agentur Austria GmbH (NADA) wegen deren Entscheidung, die Sanktionen zu veröffentlichen, die gegen SO aufgrund ihres Verstoßes gegen die nationale Anti-Doping-Regelung verhängt wurden.
Rechtlicher Rahmen
Regeln derIAAF
Rz. 3
Die International Association of Athletics Federations (Internationaler Verband der Leichtathletikverbände, im Folgenden: IAAF) erließ die IAAF Competition Rules 2014-2015 (Wettkampfregeln der IAAF für 2014-2015), deren Regel 32.2 Buchst. b und f ebenso wie die Art. 2.2 und 2.6 der IAAF Anti-Doping Rules (Anti-Doping-Regeln der IAAF) von 2017 den „Gebrauch oder Versuch des Gebrauchs einer verbotenen Substanz oder einer verbotenen Methode“ und den „Besitz einer verbotenen Substanz oder einer verbotenen Methode“ verbieten.
Unionsrecht
Rz. 4
Art. 5 DSGVO enthält die Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten, während Art. 6 dieser Verordnung die Bedingungen für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung festlegt. Die Art. 9 und 10 der Verordnung enthalten Vorschriften über die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten und die Verarbeitung personenbezogener Daten über strafrechtliche Verurteilungen und Straftaten.
Rz. 5
Art. 77 („Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde“) Abs. 1 DSGVO lautet:
„Jede betroffene Person hat unbeschadet eines anderweitigen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Rechtsbehelfs das Recht auf Beschwerde bei einer Aufsichtsbehörde, insbesondere in dem Mitgliedstaat ihres gewöhnlichen Aufenthaltsorts, ihres Arbeitsplatzes oder des Orts des mutmaßlichen Verstoßes, wenn die betroffene Person der Ansicht ist, dass die Verarbeitung der sie betreffende...