Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Begriff ‚Pläne und Programme’. Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme. Städtisches Flurbereinigungsgebiet. Möglichkeit zur Abweichung von städtebaulichen Vorschriften. Änderung der ‚Pläne und Programme’

 

Normenkette

Richtlinie 2001/42/EG Art. 2 Buchst. a, Art. 3

 

Beteiligte

Thybaut u.a

Raoul Thybaut

Johnny De Coster

Frédéric Romain

Région wallonne

 

Tenor

Art. 2 Buchst. a, Art. 3 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme sind dahin auszulegen, dass ein Erlass zur Ausweisung eines städtischen Flurbereinigungsgebiets, dessen einziger Zweck die Festlegung einer geografischen Zone ist, in der ein städtebauliches Projekt durchgeführt werden kann, das auf die Umwidmung und Entwicklung städtischer Funktionen abzielt und die Schaffung, Veränderung, Beseitigung oder Überbauung von Straßen und öffentlichen Flächen erfordert und im Hinblick auf dessen Umsetzung Abweichungen von bestimmten städtebaulichen Vorschriften erlaubt sind, aufgrund dieser Möglichkeit zur Abweichung unter den Begriff „Pläne und Programme” im Sinne dieser Richtlinie fällt, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, und eine Prüfung der Umweltauswirkungen erfordert.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d'État (Staatsrat, Belgien) mit Entscheidung vom 2. Februar 2015, beim Gerichtshof eingegangen am 1. März 2017, in dem Verfahren

Raoul Thybaut,

Johnny De Coster,

Frédéric Romain

gegen

Région wallonne,

Beteiligte:

Commune d'Orp-Jauche,

Bodymat SA,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Rosas, der Richterinnen C. Toader (Berichterstatterin) und A. Prechal sowie des Richters E. Jarašiūnas,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 30. November 2017,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von Herrn Thybaut, vertreten durch B. Cambier, F. Hans und J. Sambon, avocats,
  • von Herrn De Coster und Herrn Romain, vertreten durch B. Cambier und F. Hans, avocats,
  • der Bodymat SA, vertreten durch F. Evrard, M. Scholasse und F. Haumont, avocats,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs, L. Van den Broeck und J. Van Holm als Bevollmächtigte im Beistand von B. Hendrickx, avocate,
  • der dänischen Regierung, vertreten durch J. Nymann-Lindegren als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hermes, F. Thiran und C. Zadra als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 25. Januar 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. 2001, L 197, S. 30, im Folgenden: SUP-Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Raoul Thybaut, Johnny De Coster und Frédéric Romain einerseits und der Wallonischen Region andererseits über die Gültigkeit eines Erlasses der Regierung dieser Region vom 3. Mai 2012 zur Ausweisung eines städtischen Flurbereinigungsgebiets (im Folgenden auch: Umkreis für städtische Flurbereinigung) für ein Gebiet in der Gemeinde Orp-Jauche (Belgien) (Belgisches Staatsblatt vom 22. Mai 2012, S. 29488, im Folgenden: angefochtener Erlass).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Der vierte Erwägungsgrund der SUP-Richtlinie lautet:

„Die Umweltprüfung ist ein wichtiges Werkzeug zur Einbeziehung von Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme bestimmter Pläne und Programme, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt in den Mitgliedstaaten haben können. Denn sie gewährleistet, dass derartige Auswirkungen aus der Durchführung von Plänen und Programmen bei der Ausarbeitung und vor der Annahme berücksichtigt werden.”

Rz. 4

Art. 1 „Ziele”) dieser Richtlinie sieht vor:

„Ziel dieser Richtlinie ist es, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden, indem dafür gesorgt wird, dass bestimmte Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, entsprechend dieser Richtlinie einer Umweltprüfung unterzogen werden.”

Rz. 5

Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

  1. ‚Pläne und Programme’ Pläne und Programme, einschließlich der von der Europäischen [Union] mitfinanzierten, sowie deren Änderungen,

    • die von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgearbeitet und/oder angenommen werden oder die von einer Behörde für die...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge