Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Vergabe öffentlicher Aufträge. Anwendungsbereich. Besondere Ausnahmen für Dienstleistungsaufträge. Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr. Gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen. Als Notfalldienst eingestufter Einsatz von Krankenwagen. Freiwilligenorganisationen. Sozialgenossenschaften

 

Normenkette

Richtlinie 2014/24/EU Art. 10 Buchst. h

 

Beteiligte

Italy Emergenza

Italy Emergenza Cooperativa Sociale

Azienda Sanitaria Locale Barletta-Andria-Trani

Azienda Sanitaria Provinciale di Cosenza

 

Tenor

Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, wonach Notfallkrankentransportdienste vorrangig durch Vereinbarung nur an Freiwilligenorganisationen, nicht aber an Sozialgenossenschaften vergeben werden dürfen, die an ihre Mitglieder Rückvergütungen im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit ausschütten können.

 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidungen vom 18. Januar und 3. März 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 6. April 2021, in den Verfahren

Italy Emergenza Cooperativa Sociale (C-213/21 und C-214/21)

gegen

Azienda Sanitaria Locale Barletta-Andria-Trani (C-213/21),

Azienda Sanitaria Provinciale di Cosenza (C-214/21),

Beteiligte:

Regione Puglia (C-213/21),

Confederazione Nazionale delle Misericordie d'Italia (C-213/21),

Associazione Nazionale Pubbliche Assistenze (Organizzazione nazionale di volontariato) – ANPAS ODV (C-213/21 und C-214/21),

Croce Rossa Italiana – Comitato Provinciale di Cosenza (C-214/21),

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Jääskinen sowie der Richter M. Safjan und M. Gavalec (Berichterstatter),

Generalanwalt: A. M. Collins,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Italy Emergenza Cooperativa Sociale, vertreten durch S. Betti, M. Dionigi, C. Santuori und P. Stallone, Avvocati,
  • der Confederazione Nazionale delle Misericordie d'Italia, vertreten durch F. Sanchini und P. Sanchini, Avvocati,
  • der Associazione Nazionale Pubbliche Assistenze (Organizzazione nazionale di volontariato) – ANPAS ODV, vertreten durch V. Migliorini, Avvocato,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von F. Sclafani, Avvocato dello Stato,
  • der spanischen Regierung, vertreten durch M. J. Ruiz Sánchez als Bevollmächtigte,
  • der niederländischen Regierung, vertreten durch M. K. Bulterman und J. Langer als Bevollmächtigte,
  • des Königreichs Norwegen, vertreten durch J. T. Kaasin und H. Røstum als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara, P. Ondrůšek und G. Wils als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 10 Buchst. h der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. 2014, L 94, S. 65).

Rz. 2

Sie ergehen im Rahmen zweier Rechtsstreitigkeiten zwischen – in der Rechtssache C-213/21 – Italy Emergenza Cooperativa Sociale (im Folgenden: Italy Emergenza) und der Azienda Sanitaria Locale Barletta-Andria-Trani (Lokales Gesundheitsamt Berletta-Andria-Trani, Italien) sowie – in der Rechtssache C-214/21 – Italy Emergenza und der Azienda Sanitaria Provinciale di Cosenza (Provinziales Gesundheitsamt Cosenza, Italien), in denen es um zwei Entscheidungen geht, mit denen diese Gesundheitsämter Auswahlverfahren zur vertraglichen Vergabe von Notfallkrankentransportdiensten an Freiwilligenorganisationen eingeleitet haben.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 28 und 118 der Richtlinie 2014/24 lauten:

„(28) Diese Richtlinie sollte nicht für bestimmte von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbrachte Notfalldienste gelten, da der spezielle Charakter dieser Organisationen nur schwer gewahrt werden könnte, wenn die Dienstleistungserbringer nach den in dieser Richtlinie festgelegten Verfahren ausgewählt werden müssten. Diese Ausnahme sollte allerdings nicht über das notwendigste Maß hinaus ausgeweitet werden. Es sollte daher ausdrücklich festgelegt werden, dass der Einsatz von Krankenwagen zur Patientenbeförderung nicht ausgenommen sein sollte. In diesem Zusammenhang muss im Übrigen deutlich gemacht werden, dass die CPV-Gruppe 601 ‚Landverkehr’ nicht den Einsatz von Krankenwagen beinhaltet, der unter die CPV-Klasse 8514 fällt. Es sollte daher klargestellt werden, dass für unter den CPV-C...

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