Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Nichtigkeitsklage. Zulässigkeit. Beihilfe der portugiesischen Behörden zur Abwicklung des Finanzinstituts Banco Espírito Santo SA. Gründung und Kapitalisierung einer Brückenbank. Beschluss der Europäischen Kommission, mit dem die Beihilfe für mit dem Binnenmarkt vereinbar erklärt wird. Rechtsschutzinteresse. Klage vor den nationalen Gerichten auf Nichtigerklärung der Entscheidung über die Abwicklung der Banco Espírito Santo
Beteiligte
BPC Lux 2 u.a./ Kommission |
Tenor
1. Der Beschluss des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Juli 2017, BPC Lux 2 u. a./Kommission (T-812/14, nicht veröffentlicht, EU:T:2017:560), wird aufgehoben.
2. Die Sache wird an das Gericht der Europäischen Union zurückverwiesen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs der Europäischen Union, eingelegt am 18. September 2017,
BPC Lux 2 Sàrl mit Sitz in Senningerberg (Luxemburg) und die weiteren im Anhang des Rechtsmittels namentlich aufgeführten Rechtsmittelführer, Prozessbevollmächtigte: J. Webber und M. Steenson, Solicitors, B. Woolgar, Barrister, und K. Bacon, QC,
Rechtsmittelführer,
andere Parteien des Verfahrens:
Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn und P.-J. Loewenthal als Bevollmächtigte,
Beklagte im ersten Rechtszug,
Portugiesische Republik,
Streithelferin im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung der Vizepräsidentin R. Silva de Lapuerta in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Ersten Kammer sowie der Richter J.-C. Bonichot, E. Regan (Berichterstatter), C. G. Fernlund und S. Rodin,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die Rechtsmittelführer die Aufhebung des Beschlusses des Gerichts der Europäischen Union vom 19. Juli 2017, BPC Lux 2 u. a./Kommission (T-812/14, nicht veröffentlicht, im Folgenden: angefochtener Beschluss, EU:T:2017:560), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung des Beschlusses C(2014) 5682 final der Kommission vom 3. August 2014 über die staatliche Beihilfe SA.39250 (2014/N) – Portugal – Abwicklung der Banco Espírito Santo (im Folgenden: streitiger Beschluss) als unzulässig abgewiesen hat.
Vorgeschichte des Rechtsstreits und streitiger Beschluss
Rz. 2
Die Rechtsmittelführer sind als Inhaber von Lower-Tier-2-Anleihen nachrangige Gläubiger der Banco Espírito Santo SA (im Folgenden: BES).
Rz. 3
Im Mai 2014 kam eine von der Banco de Portugal (portugiesische Zentralbank) bei der Gruppe Espírito Santo International SA durchgeführte Prüfung zu dem Ergebnis, dass sich diese in einer schwierigen finanziellen Situation befand, die negative Auswirkungen auf die Solvenz der BES, deren Mehrheitsaktionärin diese Gruppe war, haben konnte.
Rz. 4
Am 30. Juli 2014 veröffentlichte BES ihre Ergebnisse für das erste Semester des Jahres 2014, das einen hohen finanziellen Verlust auswies. Darauf folgte im Juli 2014 ein erheblicher Rückgang der Einlagen.
Rz. 5
Vor diesem Hintergrund beschlossen die portugiesischen Behörden, die BES einem Abwicklungsverfahren zu unterziehen, das die Errichtung eines Kreditunternehmens für beschränkte Dauer, die „Brückenbank”, mit sich brachte, der die soliden Geschäftstätigkeiten der BES übertragen wurden. Nach dieser Übertragung der Aktiva und Passiva auf die Brückenbank blieben die übrigen Aktiva und Passiva bei der BES, die die „Abwicklungsbank (bad bank)” werden sollte.
Rz. 6
Am 3. August 2014 meldeten die portugiesischen Behörden bei der Kommission das Vorhaben einer vom Fundo de Resolução (Abwicklungsfonds, Portugal) gewährten staatlichen Beihilfe von 4 899 Mio. Euro an, die der Brückenbank ein Anfangskapital liefern sollte. Mit dieser Anmeldung übermittelten die portugiesischen Behörden der Kommission zwei Berichte der portugiesischen Zentralbank, nämlich zum einen die Bewertung der möglichen Optionen für die Abwicklung der BES mit dem Ergebnis, dass die Errichtung einer Brückenbank die einzige Lösung sei, die die Erhaltung der finanziellen Stabilität der Portugiesischen Republik ermögliche, und zum anderen eine Beschreibung des Verfahrens zur Abwicklung der BES. Nach diesem letzten Bericht legten die portugiesischen Behörden der Kommission Zusagen in Bezug auf die Brückenbank und die Abwicklungsbank vor, die ihre geordnete Abwicklung betrafen. Die diesen beiden Einrichtungen gemeinsamen Zusagen betrafen die Verwaltung der bestehenden Aktiva, die Deckelung der Gehälter und das Verbot des Erwerbs von Beteiligungen, von Kupon- oder Dividendenzahlungen und von Werbung mit Hilfe der staatlichen Beihilfe.
Rz. 7
Am gleichen Tag erließ die Kommission nach der Vorprüfungsphase gemäß Art. 108 Abs. 3 AEUV den streit...