Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Verbraucherschutz. Verbraucherkreditverträge. Zulässigkeit der Sicherung der durch den betreffenden Vertrag entstandenen Forderung durch einen Blanko-Eigenwechsel. Klage auf Zahlung der Wechselschuld. Umfang der von Amts wegen auszuübenden richterlichen Befugnisse
Normenkette
Richtlinie 93/13/EWG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 7 Abs. 1; Richtlinie 2008/48/EG Art. 10 Abs. 2
Beteiligte
Elżbieta Kondracka-Kłębecka |
Tenor
1. Art. 1 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen sind dahin auszulegen, dass sie einer nationalen Regelung wie der in den Ausgangsverfahren fraglichen, nach der zur Sicherung der Begleichung einer Forderung aus einem zwischen einem Gewerbetreibenden und einem Verbraucher geschlossenen Verbraucherkreditvertrag in diesem Vertrag eine Verpflichtung für den Kreditnehmer bestimmt werden darf, einen Blanko-Eigenwechsel auszustellen, und die die Zulässigkeit der Ausstellung eines solchen Wechsels davon abhängig macht, dass zuvor eine Wechselabrede getroffen wurde, die die Modalitäten festlegt, nach denen dieser Wechsel ausgefüllt werden kann, nicht entgegenstehen, sofern diese Vertragsbestimmung und diese Abrede – was vom vorlegenden Gericht zu prüfen ist – die Art. 3 und 5 dieser Richtlinie sowie Art. 10 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates beachten.
2. Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13 sowie Art. 10 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48 sind dahin auszulegen, dass ein nationales Gericht, wenn es unter Umständen wie denen der Ausgangsverfahren ernsthafte Zweifel hinsichtlich der Begründetheit einer Klage hat, die auf einen Wechsel gestützt ist, mit dem eine aus einem Verbraucherkreditvertrag entstandene Forderung gesichert werden soll, und dieser Wechsel vom Unterzeichner zunächst blanko ausgestellt und später vom Begünstigten vervollständigt wurde, von Amts wegen prüfen muss, ob die zwischen den Parteien vereinbarten Bestimmungen missbräuchlich sind, und insoweit vom Gewerbetreibenden verlangen kann, ihm die Schriftstücke vorzulegen, in denen diese Bestimmungen festgehalten sind, um sich vergewissern zu können, dass die Rechte, die den Verbrauchern aus diesen Richtlinien erwachsen, beachtet worden sind.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Sąd Rejonowy dla Warszawy Pragi-Południe w Warszawie (Rayongericht Warschau Praga-Süd, Warschau, Polen) und vom Sąd Okręgowy w Opolu, II Wydział Cywilny Odwoławczy (Bezirksgericht Oppeln, Abteilung II für Berufungen in Zivilsachen, Polen) mit Entscheidungen vom 13. Februar und vom 3. Juli 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 26. Juni und am 24. Juli 2018, in den Verfahren
Profi Credit Polska S.A.
gegen
Bogumiła Włostowska,
Mariusz Kurpiewski,
Kamil Wójcik,
Michał Konarzewski,
Elżbieta Kondracka-Kłębecka,
Monika Karwowska,
Stanisław Kowalski,
Anna Trusik,
Adam Lizoń,
Włodzimierz Lisowski (C-419/18)
und
Profi Credit Polska S.A.
gegen
OH (C-483/18)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot, der Vizepräsidentin des Gerichtshofs R. Silva de Lapuerta, der Richter M. Safjan und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader (Berichterstatterin),
Generalanwalt: H. Saugmandsgaard Øe,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und S. Šindelková als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Goddin, K. Herbout-Borczak und N. Ruiz García als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 und Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. 1993, L 95, S. 29) sowie der Bestimmungen der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. 2008, L 133, S. 66, und, Berichtigungen, ABl. 2009, L 207, S. 14, ABl. 2010, L 199, S. 40, und ABl. 2011, L 234, S. 46).
Rz. 2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Verfahren zwischen der Profi Credit Polska S.A. und zum einen Bogumiła Włostowska, Mariusz Kurpiewski, Kamil Wójcik, Michał...