Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Sozialpolitik. Übergang von Unternehmen. Geltungsbereich. Kriterien für die Beurteilung des Übergangs. Übergang des Kundenstamms. Übergang sämtlicher Finanzdienstleistungen von einer Bank auf eine Börsengesellschaft unter Ausschluss des Übergangs des Personals
Beteiligte
Tenor
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen ist dahin auszulegen, dass die Übernahme der Finanzinstrumente und des sonstigen Vermögens der Kunden eines ersten Unternehmens durch ein zweites Unternehmen infolge der Einstellung der Tätigkeit des ersten Unternehmens und aufgrund eines Vertrags, dessen Abschluss nach nationalem Recht vorgeschrieben ist, auch dann, wenn die Kunden des ersten Unternehmens weiterhin frei darin sind, das zweite Unternehmen nicht mit der Verwaltung ihrer Effekten zu betrauen, einen Übergang eines Unternehmens oder Unternehmensteils darstellen kann, wenn das Vorliegen eines Übergangs des Kundenstamms feststeht, was zu beurteilen Sache des vorlegenden Gerichts ist. In diesem Rahmen ist die Zahl der tatsächlich übergegangenen Kunden, mag sie auch sehr hoch sein, für sich allein nicht ausschlaggebend für die Einstufung als „Übergang” und kommt dem Umstand, dass das erste Unternehmen als abhängige Börsenmaklergesellschaft mit dem zweiten Unternehmen zusammenarbeitet, grundsätzlich keine Bedeutung zu.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Vrhovno sodišče (Oberster Gerichtshof, Slowenien) mit Entscheidung vom 20. Februar 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 19. März 2018, in dem Verfahren
Jadran Dodič
gegen
Banka Koper,
Alta Invest
erlässt
DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter D. Šváby und N. Piçarra (Berichterstatter),
Generalanwalt: G. Hogan,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Dodič, vertreten durch M. Blatnik und M. Dodič, Juristen,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch M. Kellerbauer und B. Rous Demiri als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2001/23/EG des Rates vom 12. März 2001 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Wahrung von Ansprüchen der Arbeitnehmer beim Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- oder Betriebsteilen (ABl. 2001, L 82, S. 16).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Jadran Dodič auf der einen Seite und Banka Koper sowie Alta Invest auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit der Kündigung des Arbeitsvertrags von Herrn Dodič.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Im dritten Erwägungsgrund der Richtlinie 2001/23 wird hervorgehoben, dass „Bestimmungen notwendig [sind], die die Arbeitnehmer bei einem Inhaberwechsel schützen und insbesondere die Wahrung ihrer Ansprüche gewährleisten”.
Rz. 4
Art. 1 Abs. 1 dieser Richtlinie sieht vor:
- „Diese Richtlinie ist auf den Übergang von Unternehmen, Betrieben oder Unternehmens- bzw. Betriebsteilen auf einen anderen Inhaber durch vertragliche Übertragung oder durch Verschmelzung anwendbar.
- Vorbehaltlich Buchstabe a) und der nachstehenden Bestimmungen dieses Artikels gilt als Übergang im Sinne dieser Richtlinie der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit.”
Slowenisches Recht
Rz. 5
Art. 73 Abs. 1 des Zakon o delovmnih razmerih (Gesetz über Arbeitsverhältnisse) (Uradni list RS, Nr. 21/13, im Folgenden: ZDR) bestimmt:
„Wenn es wegen eines Rechtsübergangs eines Unternehmens oder eines Unternehmensteils aufgrund des Gesetzes, einer sonstigen Bestimmung, eines Rechtsgeschäfts bzw. einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung oder aufgrund einer Verschmelzung oder Teilung zu einer Änderung des Arbeitgebers kommt, gehen vertragliche und sonstige Rechte und Pflichten aus Arbeitsverhältnissen, in denen die Arbeitnehmer am Tag des Übergangs mit dem Veräußerer standen, auf den übernehmenden Arbeitgeber über.”
Rz. 6
Art. 88 Abs. 1 Unterabs. 1 ZDR lautet:
„Gründe für die ordentliche Kündigung des Arbeitsvertrags auf Seiten des Arbeitgebers sind:
Wegfall des Bedarfs an Erledigung einer bestimmten Tätigkeit unter den Voraussetzungen des Arbeitsvertrags aus wirtschaftlichen, organisatorischen, technologischen, strukturellen oder ähnlichen Gründen auf Seiten des Arbeitgebers”.
Rz. 7
Art. 89 Abs. 1 Unterabs. 7 ZDR sieht vor:
„… al...