Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Rechtsangleichung. Landwirtschaft. Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse. Aromatisierter weinhaltiger Cocktail. Begriffsbestimmung. Begriff des Alkohols und des geschmackgebenden Lebensmittels
Normenkette
Verordnung (EU) Nr. 251/2014 Art. 3 Abs. 4
Beteiligte
Tenor
1.Art. 3 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung (EU) Nr. 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates in der durch die Verordnung (EU) 2021/2117 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
der Begriff „Alkohol“ im Sinne dieser Bestimmung, mit dem ein Getränk mit der Bezeichnung „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ nicht versetzt werden darf, ein alkoholisches Getränk umfasst, das – wie Bier – kein Weinbauerzeugnis im Sinne von Art. 3 Abs. 4 Buchst. a der Verordnung Nr. 251/2014 ist, und zwar unabhängig davon, dass der Zusatz eines solchen alkoholischen Getränks nicht zu einer Erhöhung des Alkoholgehalts eines solchen Cocktails im Vergleich zu dem oder den in der letzteren Bestimmung genannten Weinbauerzeugnissen führt.
2.Art. 3 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung Nr. 251/2014 in der durch die Verordnung 2021/2117 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
das in dieser Bestimmung vorgesehene Verbot, einen „aromatisierten weinhaltigen Cocktail“ mit Alkohol zu versetzen, dem entgegensteht, dass ein alkoholisches Getränk, das – wie Bier – kein Weinbauerzeugnis im Sinne dieser Bestimmung ist, einem solchen Cocktail als „geschmackgebendes Lebensmittel“ im Sinne von Anhang I Nr. 1 Buchst. b Ziff. ii dieser Verordnung zugesetzt werden kann.
Tatbestand
In der Rechtssache C-216/23
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (Deutschland) mit Entscheidung vom 23. März 2023, beim Gerichtshof eingegangen am 4. April 2023, in dem Verfahren
Hauser Weinimport GmbH
gegen
Freistaat Bayern
erlässt
DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin O. Spineanu-Matei, des Richters S. Rodin und der Richterin L. S. Rossi (Berichterstatterin),
Generalanwalt: N. Emiliou,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der Hauser Weinimport GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt A. Reinhart,
- – des Freistaats Bayern, vertreten durch C. Diroll und J. Vogel als Bevollmächtigte,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch B. Hofstötter und B. Rechena als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 4 Buchst. c und Anhang I Nr. 1 Buchst. b Ziff. ii der Verordnung (EU) Nr. 251/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Begriffsbestimmung, Beschreibung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen sowie den Schutz geografischer Angaben für aromatisierte Weinerzeugnisse und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates (ABl. 2014, L 84, S. 14, berichtigt in ABl. 2014, L 283, S. 77) in der durch die Verordnung (EU) 2021/2117 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 2. Dezember 2021 (ABl. 2021, L 435, S. 262) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 251/2014).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Hauser Weinimport GmbH und dem Freistaat Bayern (Deutschland) über das Inverkehrbringen eines Getränks, das im Wesentlichen aus einer Mischung von Wein und Bier besteht und als „aromatisierter weinhaltiger Cocktail“ im Sinne der Verordnung Nr. 251/2014 bezeichnet wird.
Rechtlicher Rahmen
VerordnungNr.251/2014
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 1, 4, 7, 9 und 11 der Verordnung Nr. 251/2014 heißt es:
„(1) Die Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates [vom 10. Juni 1991 zur Festlegung der allgemeinen Regeln für die Begriffsbestimmung, Bezeichnung und Aufmachung aromatisierter weinhaltiger Getränke und aromatisierter weinhaltiger Cocktails (ABl. 1991, L 149, S. 1)] und die Verordnung (EG) Nr. 122/94 der Kommission [vom 25. Januar 1994 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates hinsichtlich der Definition, Bezeichnung und Aufmachung von aromatisiertem Wein sowie aromatisierten weinhaltigen Getränken und Cocktails (ABl. 1994, L 21, S. 7)] haben sich bei der Regelung des Sektors aromatisierte Weine, aromatisierte weinhaltige Getränke und aromatisierte weinhalti...