Entscheidungsstichwort (Thema)
Telekommunikationsdienste. Aufhebung aller Beschränkungen. Kommunale Abgaben auf Sendetürme, Sendemasten und Antennen für den Mobilfunk
Normenkette
EG Art. 49; Richtlinie 90/388/EWG
Beteiligte
Tenor
1. Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) ist dahin auszulegen, dass er der Regelung einer nationalen Behörde oder einer Gebietskörperschaft, mit der eine Abgabe auf die Infrastrukturen für Mobilkommunikation und Personal Communications eingeführt wird, die im Rahmen der durch Lizenzen und Genehmigungen gedeckten Tätigkeiten genutzt werden, nicht entgegensteht, sofern diese Regelung unterschiedslos für inländische Dienstleistende wie für solche aus der den anderen Mitgliedstaaten gilt und die Erbringung von Dienstleistungen innerhalb eines einzigen Mitgliedstaats in gleicher Weise wie die Erbringung von Dienstleistungen zwischen Mitgliedstaaten berührt.
2. Abgabenrechtliche Maßnahmen, die auf Infrastrukturen für die Mobilkommunikation angewandt werden, fallen nur dann unter Artikel 3c der hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten durch die Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom 13. März 1996 geänderten Richtlinie 90/388/EWG der Kommission vom 28. Juni 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste, wenn sie Betreiber, die über besondere oder ausschließliche Rechte verfügen oder verfügt haben, gegenüber neuen Betreibern unmittelbar oder mittelbar begünstigen und die Wettbewerbssituation spürbar beeinträchtigen.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Conseil d'État (Belgien) mit Beschluss vom 8. Dezember 2003, beim Gerichtshof eingegangen am 23. Dezember 2003, in den Verfahren
Mobistar SA (C-544/03)
gegen
Commune de Fléron
und
Belgacom Mobile SA (C-545/03)
gegen
Commune de Schaerbeek
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann, des Richters K. Lenaerts, der Richterin N. Colneric (Berichterstatterin) sowie der Richter E. Juhász und M. Ilešič,
Generalanwalt: P. Léger,
Kanzler: M.-F. Contet, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 20. Januar 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Mobistar SA, vertreten durch Y. van Gerven, A. Vallery und A. Desmedt, avocats,
- der Belgacom Mobile SA, vertreten durch H. De Bauw, advocaat, und P. Carreau, avocat,
- der Commune de Fléron, vertreten durch M. Vankan, avocat,
- der Commune de Schaerbeeck, vertreten durch J. Bourtembourg, avocat,
- der belgischen Regierung, vertreten durch A. Goldman und E. Dominkovits als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J.-P. Keppenne, M. Shotter und L. Ström van Lier als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 7. April 2005
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Artikel 59 EG-Vertrag (nach Änderung jetzt Artikel 49 EG) und 3c der Richtlinie 90/388/EWG der Kommission vom 28. Juni 1990 über den Wettbewerb auf dem Markt für Telekommunikationsdienste (ABl. L 192, S. 10), die hinsichtlich der Einführung des vollständigen Wettbewerbs auf den Telekommunikationsmärkten durch die Richtlinie 96/19/EG der Kommission vom 13. März 1996 (ABl. L 74, S. 13) geändert wurde (im Folgenden: Richtlinie 90/388).
2 Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten, die von in Belgien ansässigen Mobilfunkbetreibern, den klägerischen Firmen Mobistar SA (im Folgenden: Mobistar) und Belgacom Mobile SA (im Folgenden: Belgacom Mobile) anhängig gemacht worden sind. Die Klägerinnen beantragen die Nichtigerklärung der von den Gemeinden Fléron (Belgien) und Schaerbeek (Belgien) eingeführten Abgaben auf Antennen sowie Sendemasten und -türme für den Mobilfunk bzw. auf Außenantennen.
3 Die Rechtssachen sind durch Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofes vom 4. März 2004 zu gemeinsamem schriftlichen und mündlichen Verfahren und zu gemeinsamer Entscheidung verbunden worden.
Rechtlicher Rahmen
4 Artikel 59 Absatz 1 EG-Vertrag bestimmt:
„Die Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehrs innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedstaaten, die in einem anderen Staat der Gemeinschaft als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind, werden während der Übergangszeit nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen schrittweise aufgehoben.”
5 Artikel 86 Absatz 1 EG-Vertrag (jetzt Artikel 82 Absatz 1 EG) sieht vor:
„Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar und verboten ist die missbräuchliche Ausnutzung einer beherrschenden Stellung auf dem Gemeinsamen Markt oder auf einem wesentlichen Teil desselben durch ein oder mehrere Unternehmen, soweit dies dazu führen kann, den Handel zwischen Mitgliedstaa...