Entscheidungsstichwort (Thema)

Zolltarif, Tarifierung, Rauchtabak, Nichterhebungsverfahren, Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren, Unregelmäßigkeiten bei der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif in der durch die Verordnung (EU) Nr. 861/2010 der Kommission vom 5. Oktober 2010 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass eine Ware wie die im Ausgangsverfahren in Rede stehende, die aus Rauchtabak besteht, nicht in die Position 2401 der Kombinierten Nomenklatur in Anhang I der Verordnung Nr. 2658/87 in der durch die Verordnung Nr. 861/2010 geänderten Fassung einzureihen ist, auch wenn sie Tabakabfälle enthält, sofern diese der bestimmungsgemäßen Verwendung des in Rede stehenden Erzeugnisses nicht im Weg stehen. Eine solche Ware kann jedoch in die Position 2403 der Kombinierten Nomenklatur und insbesondere in deren Unterposition 2403 10 90 einzureihen sein, wenn sie lose und kompaktiert in mit Plastik ausgekleideten Kartons mit einem Nettogewicht von 30 kg verpackt ist.

2. Der Begriff „zollrechtliches Nichterhebungsverfahren“ in Art. 4 Nr. 6 der Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG ist dahin auszulegen, dass die Unterstellung einer bestimmten Ware unter das zollrechtliche Nichterhebungsverfahren nicht in Frage gestellt werden kann, wenn in ihren Begleitdokumenten das Kapitel des Gemeinsamen Zolltarifs, zu dem sie gehört, zutreffend, die konkrete Unterposition hingegen unzutreffend angegeben ist. In einem solchen Fall sind Art. 2 Buchst. b und Art. 4 Nr. 8 der Richtlinie 2008/118 dahin auszulegen, dass keine Einfuhr der betreffenden Ware stattgefunden hat und diese nicht verbrauchsteuerpflichtig ist.

3. Der Begriff „Unregelmäßigkeit“ im Sinne von Art. 38 der Richtlinie 2008/118 ist in einer Situation wie der des Ausgangsverfahrens dahin auszulegen, dass er eine Ware, die einem zollrechtlichen Nichterhebungsverfahren unterworfen wird und in deren Begleitdokument eine unzutreffende tarifliche Einreihung angegeben ist, nicht erfasst.

 

Normenkette

EWGV 2658/87; EGRL 118/2008 Art. 4 Nr. 6, Art. 38

 

Beteiligte

Schenker Kft

Schenker Nemzetközi Szállítmányozási és Logisztikai Kft

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Vám- és Pénzügyori Foigazgatósága

 

Verfahrensgang

Debreceni Közigazgatási (Beschluss vom 15.07.2014; ABl. EU 2014, Nr. C 439/16)

 

Tatbestand

„Vorlage zur Vorabentscheidung ‐ Gemeinsamer Zolltarif ‐ Kombinierte Nomenklatur ‐ Tarifierung der Waren ‐ Auslegung einer Unterposition der Kombinierten Nomenklatur ‐ Richtlinie 2008/118/EG ‐ Einfuhr verbrauchsteuerpflichtiger Waren ‐ Zollrechtliches Nichterhebungsverfahren ‐ Folgen einer Zollanmeldung, bei der eine Unterposition der Kombinierten Nomenklatur unrichtig angegeben worden ist ‐ Während der Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren begangene Unregelmäßigkeiten“

In der Rechtssache C-409/14

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Debreceni Közigazgatási és Munkaügyi Bíróság (Verwaltungs- und Arbeitsgericht Debrecen, Ungarn) mit Entscheidung vom 15. Juli 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 28. August 2014, in dem Verfahren

Schenker Nemzetközi Szállítmányozási és Logisztikai Kft.

gegen

Nemzeti Adó- és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Vám- és Pénzügyőri Főigazgatósága

erlässt

DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano in Wahrnehmung der Aufgaben eines Richters der Fünften Kammer, der Richter A. Borg Barthet (Berichterstatter) und E. Levits sowie der Richterin M. Berger,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 25. November 2015,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

‐ der Schenker Nemzetközi Szállítmányozási és Logisztikai Kft., vertreten durch E. Czeglédi und E. Sieber-Fazakas, ügyvédek,

‐ der Nemzeti Adó- és Vámhivatal Észak-alföldi Regionális Vám- és Pénzügyőri Főigazgatósága, vertreten durch A. Keresztesi und Gy. Kiss als Bevollmächtigte,

‐ der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér Miklós und G. Koós als Bevollmächtigte,

‐ der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und J. Vláčil als Bevollmächtigte,

‐ der Europäischen Kommission, vertreten durch K. Talabér-Ritz, L. Grønfeldt und F. Tomat als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 4. Februar 2016,

folgendes

Urteil

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Unterpositionen 2401 10 35 und 2403 10 90 der Kombinierten Nomenklatur (im Folgenden: KN) in Anhang I der Verordnung (EWG) Nr. 2658/87 des Rates vom 23. Juli 1987 über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur sowie den Gemeinsamen Zolltarif (ABl. 19...

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