Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmittel. Wettbewerb. Kartelle. Markt für Kupfer-Industrierohre. Geldbußen. Größe des Marktes, Zuwiderhandlungsdauer und Zusammenarbeit, die berücksichtigt werden können. Effektiver gerichtlicher Rechtsschutz
Beteiligte
KME Germany u.a. / Kommission |
Tenor
1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.
2. Die KME Germany AG, die KME France SAS und die KME Italy SpA tragen die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 15. Juli 2009,
KME Germany AG, vormals KM Europa Metal AG, mit Sitz in Osnabrück (Deutschland),
KME France SAS, vormals Tréfimétaux SA, mit Sitz in Courbevoie (Frankreich),
KME Italy SpA, vormals Europa Metalli SpA, mit Sitz in Florenz (Italien),
Prozessbevollmächtigte: M. Siragusa, avvocato, A. Winckler, avocat, G. C. Rizza, avvocato, T. Graf, advokat, und M. Piergiovanni, avvocato,
Rechtsmittelführerinnen,
andere Verfahrensbeteiligte:
Europäische Kommission, vertreten durch E. Gippini Fournier und J. Bourke als Bevollmächtigte im Beistand von C. Thomas, Solicitor, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte im ersten Rechtszug,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter U. Lõhmus, A. Rosas (Berichterstatter), A. Ó Caoimh und A. Arabadjiev,
Generalanwältin: E. Sharpston,
Kanzler: K. Malacek, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 6. Oktober 2010,
nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 10. Februar 2011
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrem Rechtsmittel beantragen die KME Germany AG, vormals KM Europa Metal AG, die KME France SAS, vormals Tréfimétaux SA, und die KME Italy SpA, vormals Europa Metalli SpA (im Folgenden zusammen: KME-Gruppe), das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 6. Mai 2009, KME Germany u. a./Kommission (T-127/04, Slg. 2009, II-1167, im Folgenden: angefochtenes Urteil), aufzuheben, mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung oder Herabsetzung der Geldbußen abgewiesen hat, die gegen sie gemäß Art. 2 Buchst. c bis e der Entscheidung C(2003) 4820 endg. der Kommission vom 16. Dezember 2003 in einem Verfahren nach Artikel 81 [EG] und Artikel 53 EWR-Abkommen (Sache COMP/E-1/38.240 – Industrierohre) (im Folgenden: streitige Entscheidung) verhängt worden waren.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Art. 15 Abs. 2 der Verordnung Nr. 17 des Rates vom 6. Februar 1962, Erste Durchführungsverordnung zu den Artikeln [81] und [82] des Vertrags (ABl. 1962, Nr. 13, S. 204) bestimmte:
„Die Kommission kann gegen Unternehmen und Unternehmensvereinigungen durch Entscheidung Geldbußen in Höhe von eintausend bis einer Million Rechnungseinheiten oder über diesen Betrag hinaus bis zu zehn vom Hundert des von dem einzelnen an der Zuwiderhandlung beteiligten Unternehmen im letzten Geschäftsjahr erzielten Umsatzes festsetzen, wenn sie vorsätzlich oder fahrlässig:
- gegen Artikel [81] Absatz (1) [EG] oder Artikel [82 EG] verstoßen,
- einer nach Artikel 8 Absatz (1) erteilten Auflage zuwiderhandeln.
Bei der Festsetzung der Höhe der Geldbuße ist neben der Schwere des Verstoßes auch die Dauer der Zuwiderhandlung zu berücksichtigen.”
Rz. 3
Art. 17 der Verordnung Nr. 17 bestimmte:
„Bei Klagen gegen Entscheidungen der Kommission, in denen eine Geldbuße oder ein Zwangsgeld festgesetzt ist, hat der Gerichtshof die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung der Entscheidung im Sinne von Artikel [229 EG]; er kann die festgesetzte Geldbuße oder das festgesetzte Zwangsgeld aufheben, herabsetzen oder erhöhen.”
Rz. 4
Die Verordnung Nr. 17 wurde durch die Verordnung (EG) Nr. 1/2003 des Rates vom 16. Dezember 2002 zur Durchführung der in den Artikeln 81 und 82 des Vertrags niedergelegten Wettbewerbsregeln (ABl. 2003, L 1, S. 1), die seit dem 1. Mai 2004 gilt, aufgehoben und ersetzt. Art. 31 der Verordnung Nr. 1/2003 entspricht Art. 17 der Verordnung Nr. 17.
Rz. 5
In der Präambel der Mitteilung der Kommission „Leitlinien für das Verfahren zur Festsetzung von Geldbußen, die gemäß Artikel 15 Absatz 2 der Verordnung Nr. 17 und gemäß Artikel 65 Absatz 5 EGKS-Vertrag festgesetzt werden” (ABl. 1998, C 9, S. 3, im Folgenden: Leitlinien), die zum Zeitpunkt des Erlasses der streitigen Entscheidung galt, heißt es:
„Die in diesen Leitlinien dargelegten Grundsätze sollen dazu beitragen, die Transparenz und Objektivität der Entscheidungen der Kommission sowohl gegenüber den Unternehmen als auch gegenüber dem Gerichtshof zu erhöhen, sowie den Ermessensspielraum bekräftigen, der vom Gesetzgeber der Kommission bei der Festsetzung der Geldbußen innerhalb der Obergrenze von 10 % des Gesamtumsatzes der Unternehmen eingeräumt wurde. Dieser Ermessensspielraum muss jedoch nach zusammenhängenden, nicht diskriminierenden Leitlinien ausgefüllt werden, die im Einklang mit den bei der Ahndung der Verstöße gegen die W...