Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersuchen um Vorabentscheidung: Amtsgericht Nordhorn – Deutschland. Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln – Artikel 30 EG-Vertrag und Richtlinie 79/112/EWG – Holländischer Formfleischvorderschinken. 1 Freier Warenverkehr – Mengenmässige Beschränkungen – Maßnahmen gleicher Wirkung – Verbot des Inverkehrbringens von Lebensmitteln aus Gründen des Verbraucherschutzes – Grenzen – Wahl einer Etikettierung nach den Vorschriften der Richtlinie 79/112, die diesen Schutz gewährleistet (EG-Vertrag, Artikel 30; Richtlinie 79/112 des Rates). 2 Rechtsangleichung – Etikettierung und Aufmachung der Lebensmittel – Richtlinie 79/112 – Verpflichtung zur Angabe der Verkehrsbezeichnung und des Zutatenverzeichnisses auf der Etikettierung der Erzeugnisse (Richtlinie 79/112 des Rates, Artikel 2, 3 Absatz 1, 5 Absatz 1 und 6 Absatz 5 Buchstabe a)
Leitsatz (amtlich)
3 Artikel 30 des Vertrages steht einer nationalen Regelung entgegen, die das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, aus Gründen des Verbraucherschutzes verbietet, wenn dieser durch eine Etikettierung nach den Vorschriften der Richtlinie 79/112 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, namentlich denjenigen über die Bezeichnung der Erzeugnisse und das Zutatenverzeichnis, gewährleistet ist.
4 Artikel 3 Absatz 1 der Richtlinie 79/112 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür schreibt für Lebensmittel zwingend die Angabe der Verkehrsbezeichnung und des Zutatenverzeichnisses auf der Etikettierung vor. Was die Verkehrsbezeichnung angeht, so verstösst die Verwendung einer Bezeichnung, die es dem Käufer im Staat des Inverkehrbringens nicht ermöglicht, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen, gegen die Artikel 2 und 5 Absatz 1 der Richtlinie 79/112.
Was das Zutatenverzeichnis angeht, so liegt ein Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe a der Richtlinie 79/112 vor, wenn die Menge des zugefügten Wassers mehr als 5 v. H. des Gewichts des Enderzeugnisses darstellt, das Zutatenverzeichnis aber nicht die Angabe „Wasser” enthält.
Normenkette
EGVtr Art. 30 (jetzt Art. 28 EG); Richtlinie 79/112 des Rates; Richtlinie 79/112 des Rates Art. 2, 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 6 Abs. 5 Buchst. a
Beteiligte
Tenor
Artikel 30 EG-Vertrag steht einer nationalen Regelung entgegen, die das Inverkehrbringen von Lebensmitteln, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig hergestellt und in den Verkehr gebracht worden sind, aus Gründen des Verbraucherschutzes verbietet, wenn dieser durch eine Etikettierung nach den Vorschriften der Richtlinie 79/112/EWG des Rates vom 18. Dezember 1978 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Etikettierung und Aufmachung von Lebensmitteln sowie die Werbung hierfür, namentlich denjenigen über die Bezeichnung der Erzeugnisse und das Zutatenverzeichnis, gewährleistet ist.
Die Verwendung einer Verkehrsbezeichnung, die es dem Käufer im Staat des Inverkehrbringens nicht ermöglicht, die tatsächliche Art des Lebensmittels zu erkennen, verstösst gegen die Artikel 2 und 5 Absatz 1 der Richtlinie 79/112.
Stellt die Menge des zugefügten Wassers mehr als 5 v. H. des Gewichts des Enderzeugnisses dar, so liegt ein Verstoß gegen Artikel 3 Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 6 Absatz 5 Buchstabe a der Richtlinie 79/112 vor, wenn das Zutatenverzeichnis nicht die Angabe „Wasser” enthält.
Gründe
1 Das Amtsgericht Nordhorn hat dem Gerichtshof mit Beschluß vom 30. Oktober 1997, beim Gerichtshof eingegangen am 10. November 1997, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung der Artikel 30 ff. EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem gegen Herrn van der Laan eingeleiteten Strafverfahren wegen des Vertriebs verschiedener Fleischerzeugnisse in Deutschland unter Verstoß gegen § 17 Absatz 1 Nummern 2 Buchstabe b und 5 des deutschen Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes (LMBG).
Die deutschen Rechtsvorschriften
3 § 17 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe b LMBG verbietet es, „Lebensmittel, die hinsichtlich ihrer Beschaffenheit von der Verkehrsauffassung abweichen und dadurch in ihrem Wert, insbesondere in ihrem Nähr- oder Genußwert oder in ihrer Brauchbarkeit nicht unerheblich gemindert sind, … ohne ausreichende Kenntlichmachung gewerbsmässig in den Verkehr zu bringen”.
4 Ferner verbietet es § 17 Absatz 1 Nummer 5 LMBG, „Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung gewerbsmässig in den Verkehr zu bringen …”
5 Nach § 33 LMBG ist das Deutsche Lebensmittelbuch eine Sammlung von Leitsätzen, in denen Herstellung, Beschaffenheit oder sonstige Merkmale von Lebensmitteln, die für die Verkehrsfähigkeit der Leben...