Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Haftung von Luftfahrtunternehmen bei Unfällen. Schadensersatzklage. Übereinkommen von Montreal. Unentgeltlich vom Eigentümer einer Liegenschaft durchgeführter Flug zu dem Zweck, einem Kaufinteressenten diese Liegenschaft zu zeigen. Im nationalen Recht vorgesehene Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 2027/97; Verordnung (EG) Nr. 864/2007
Beteiligte
Tenor
1. Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 des Rates vom 9. Oktober 1997 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr in der durch die Verordnung (EG) Nr. 889/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Mai 2002 geänderten Fassung und Art. 1 Abs. 1 des Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, das am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossen und im Namen der Europäischen Union durch den Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 genehmigt wurde, sind dahin auszulegen, dass sie es ausschließen, dass nach Art. 17 dieses Übereinkommens Schadensersatzansprüche einer Person beurteilt werden, die als Insassin eines Luftfahrzeugs, dessen Abflug- und Landeort derselbe Ort eines Mitgliedstaats war, unentgeltlich befördert wurde, um für ein mit dem Piloten des Luftfahrzeugs geplantes Liegenschaftsgeschäft die Liegenschaft von oben zu besichtigen, und dabei durch den Absturz des Luftfahrzeugs am Körper verletzt wurde.
2. Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II”) ist dahin auszulegen, dass er in einer Situation wie der im Ausgangsverfahren eine Direktklage des Geschädigten gegen den Versicherer des Haftenden zulässt, wenn sie nach dem auf das außervertragliche Schuldverhältnis anzuwendenden Recht vorgesehen ist, unabhängig davon, was nach dem Recht gilt, das die Vertragsparteien als auf den Versicherungsvertrag anzuwendendes Recht gewählt haben.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landesgericht Korneuburg (Österreich) mit Entscheidung vom 12. Mai 2014, beim Gerichtshof eingegangen am 12. Mai 2014, in dem Verfahren
Eleonore Prüller-Frey
gegen
Norbert Brodnig,
Axa Versicherung AG
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano, der Richter S. Rodin (Berichterstatter), A. Borg Barthet und E. Levits sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: V. Tourrès, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. März 2015,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Frau Prüller-Frey, vertreten durch Rechtsanwalt A. Weinzierl,
- von Herrn Brodnig und der Axa Versicherung AG, vertreten durch Rechtsanwalt F. Hörlsberger,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch C. Pesendorfer als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch M. Hours als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, M. Wilderspin, F. Wilman und K.-P. Wojcik als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 20. Mai 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 1 Abs. 1, 17, 29 und 33 des am 28. Mai 1999 in Montreal geschlossenen Übereinkommens zur Vereinheitlichung bestimmter Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr, das im Namen der Europäischen Union mit dem Beschluss 2001/539/EG des Rates vom 5. April 2001 (ABl. L 194, S. 38) genehmigt wurde (im Folgenden: Übereinkommen von Montreal), von Art. 2 Abs. 1 Buchst. a und c der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 des Rates vom 9. Oktober 1997 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr (ABl. L 285, S. 1) in der durch die Verordnung (EG) Nr. 889/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Mai 2002 (ABl. L 140, S. 2) geänderten Fassung (im Folgenden: Verordnung Nr. 2027/97), von Art. 3 Buchst. c und g der Verordnung (EG) Nr. 785/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Versicherungsanforderungen an Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber (ABl. L 138, S. 1), von Art. 67 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1), von Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht („Rom II”) (ABl. L 199, S. 40) sowie von Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Zweiten Richtlinie 88/357/EWG des Rates vom 22. Juni ...