Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen. Geltungsbereich. Begriffe ‚Projekt’ und ‚Zustimmung’. Prüfung von Plänen oder Projekten auf Verträglichkeit mit einem geschützten Gebiet. Entscheidung, mit der die Genehmigung zum Bau eines Wiederverdampfungsterminals für verflüssigtes Erdgas verlängert wird. Ursprüngliche Entscheidung, die auf eine nationale Regelung gestützt war, die die Richtlinie 92/43 nicht ordnungsgemäß umgesetzt hatte

 

Normenkette

Richtlinie 92/43/EWG Art. 6 Abs. 3

 

Beteiligte

Friends of the Irish Environment

Friends of the Irish Environment Limited

An Bord Pleanála

 

Tenor

1. Eine Entscheidung, mit der die für die Durchführung eines Projekts zum Bau eines Wiederverdampfungsterminals für verflüssigtes Erdgas ursprünglich gesetzte zehnjährige Frist verlängert wird, ist als Zustimmung für ein Projekt im Sinne von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen anzusehen, wenn die ursprüngliche Genehmigung nach ihrem Erlöschen bei Ablauf der von ihr für diese Arbeiten gesetzten Frist aufgehört hat, Rechtswirkungen zu erzeugen, und diese Arbeiten nicht durchgeführt worden sind.

2. Es obliegt der zuständigen Behörde, zu beurteilen, ob eine Entscheidung, mit der die ursprünglich gesetzte Frist für die Durchführung eines Projekts zum Bau eines Wiederverdampfungsterminals für verflüssigtes Erdgas – dessen ursprüngliche Genehmigung erloschen ist – verlängert wird, Gegenstand einer Verträglichkeitsprüfung gemäß Art. 6 Abs. 3 Satz 1 der Richtlinie 92/43 sein muss, und gegebenenfalls zu beurteilen, ob diese sich auf das gesamte Projekt oder einen Teil davon erstrecken muss, wobei insbesondere sowohl eine eventuell durchgeführte frühere Prüfung als auch die Entwicklung der relevanten Umweltdaten und wissenschaftlichen Daten, aber auch die etwaige Änderung des Projekts oder das Vorliegen anderer Pläne oder Projekte zu berücksichtigen sind.

Die Verträglichkeitsprüfung muss durchgeführt werden, wenn sich auf der Grundlage der besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht ausschließen lässt, dass dieses Projekt die für das betreffende Gebiet festgelegten Erhaltungsziele beeinträchtigt. Eine frühere Prüfung des Projekts, die vor dem Erlass der ursprünglichen Genehmigung des Projekts durchgeführt wurde, vermag diese Gefahr nur auszuschließen, wenn sie vollständige, präzise und endgültige Feststellungen enthält, die geeignet sind, jeden vernünftigen wissenschaftlichen Zweifel hinsichtlich der Auswirkungen der Arbeiten auszuräumen, sofern sich die relevanten Umweltdaten und wissenschaftlichen Daten nicht fortentwickelt haben, das Projekt nicht eventuell geändert wurde und es keine anderen Pläne oder Projekte gibt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) mit Entscheidung vom 13. März 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 26. März 2019, in dem Verfahren

Friends of the Irish Environment Limited

gegen

An Bord Pleanála,

Beteiligte:

Shannon Lng Ltd,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot (Berichterstatter) sowie der Richter M. Safjan und L. Bay Larsen, der Richterin C. Toader und des Richters N. Jääskinen,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Friends of the Irish Environment Ltd, vertreten durch F. Logue, Solicitor, J. Kenny, BL, und J. Devlin, SC,
  • der An Bord Pleanála, vertreten durch B. Magee, Solicitor, F. Valentine, BL, und N. Butler, SC,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hermes und M. Noll-Ehlers als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 30. April 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. 1992, L 206, S. 7, im Folgenden: Habitatrichtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Friends of the Irish Environment Ltd und der An Bord Pleanála (Planungsbehörde, Irland, im Folgenden: Behörde) über deren Entscheidung, für den Bau eines Wiederverdampfungsterminals für verflüssigtes Erdgas zusätzlich zu der in einer früheren Entscheidung festgesetzten Frist von zehn Jahren eine weitere Frist von fünf Jahren einzuräumen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

Habitatrichtlinie

Rz. 3

In Art. 6 Abs. 3 der Habitatrichtlinie heißt es:

„Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des Gebietes in Verbindung stehen oder hierfür nicht notwendig sind, die ein solches Gebiet jedoch einzeln oder in Zusammenwirkung mit anderen Plänen und Projekten erheblich beeinträchtigen könn...

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