Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Wertpapiere, die zum Handel an einem in einem Mitgliedstaat gelegenen oder dort betriebenen geregelten Markt zugelassen sind. Transparenzgebot. Mitteilung ‚bedeutender Beteiligungen’, die von ‚gemeinsam handelnden Personen’ am Kapital von Gesellschaften erworben wurden. Begriff ‚strengere Anforderungen’. ‚Beaufsichtigung’ durch eine gemäß Art. 4 dieser Richtlinie benannte Stelle
Normenkette
EGRL 109/2004 Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4; Richtlinie 2004/25/EG Art. 4
Beteiligte
Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) |
Tenor
Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG in der durch die Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der Aktionäre oder natürliche oder juristische Personen im Sinne von Art. 10 oder 13 der Richtlinie 2004/109 in der durch die Richtlinie 2013/50 geänderten Fassung in Bezug auf die Mitteilung bedeutender Beteiligungen Anforderungen erfüllen müssen, die im Sinne dieses Unterabs. 4 strenger als die in der Richtlinie 2004/109 in der durch die Richtlinie 2013/50 geänderten Fassung vorgesehenen sind und die sich aus Rechts- und Verwaltungsvorschriften ergeben, die insbesondere Übernahmeangebote betreffend erlassen wurden, ohne dass indessen die Befugnis für die Sicherstellung der Einhaltung solcher Anforderungen einer gemäß Art. 4 der Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote benannten Stelle dieses Mitgliedstaats zugewiesen wurde.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Bundesverwaltungsgericht (Österreich) mit Entscheidung vom 25. September 2018, beim Gerichtshof am selben Tag eingegangen, in dem Verfahren
Adler Real Estate AG,
Petrus Advisers LLP,
GM
gegen
Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA)
erlässt
DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras, der Richter N. Piçarra (Berichterstatter), D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,
Generalanwalt: M. Bobek,
Kanzler: M. Krausenböck, Verwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Adler Real Estate AG, vertreten durch Rechtsanwalt S. Hödl,
- von GM, vertreten durch Rechtsanwälte M. Gall und W. Eigner,
- der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA), vertreten durch P. Wanek und D. Wagner als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Braun, H. Støvlbæk und H. Krämer als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 18. März 2021
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 1a Unterabs. 4 Ziff. iii der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG (ABl. 2004, L 390, S. 38) in der durch die Richtlinie 2013/50/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2013 (ABl. 2013, L 294, S. 13) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2004/109) und von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Adler Real Estate AG (im Folgenden: Adler), der Petrus Advisers LLP (im Folgenden: Petrus) und GM auf der einen Seite und der Finanzmarktaufsichtsbehörde (Österreich) (im Folgenden: FMA) auf der anderen Seite über die Rechtmäßigkeit der Verwaltungsstrafen, die die FMA gegen sie verhängte, weil sie gegen die Pflicht verstoßen hatten, die bedeutenden Beteiligungen an Wertpapieren eines Emittenten, dessen Aktien zum Handel an einem in Österreich gelegenen geregelten Markt zugelassen waren, mitzuteilen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2004/25/EG
Rz. 3
Die Richtlinie 2004/25/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 betreffend Übernahmeangebote (ABl. 2004, L 142, S. 12) enthält, wie aus ihrem Art. 1 Abs. 1 hervorgeht, Maßnahmen zur Koordinierung aller Instrumente der Mitgliedstaaten, die Übernahmeangebote für die Wertpapiere einer dem Recht eines Mitgliedstaats unterliegenden Gesellschaft betreffen, wenn diese Wertpapiere ganz oder teilweise zum Handel auf einem geregelten Markt in einem oder mehreren Mitgliedstaaten zugelassen sind.
Rz. 4
In Art. 2 Abs. 1 Buchst. d der Richtlinie 2004/25 heißt es:
„(1) Im Sinne dies...