Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Markt für Kraftfahrzeugreparatur- und Kraftfahrzeugwartungsinformationsdienste. Genehmigung und Überwachung des Marktes für Reparatur- und Wartungsinformationsdienste betreffend Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeuganhänger sowie von Systemen, Bauteilen und selbständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge. Unabhängige Wirtschaftsakteure. ,[I]n Form von maschinenlesbaren und elektronisch verarbeitbaren Datensätzen [leicht zugängliche]‘ Angaben. Verarbeitung personenbezogener Daten. Rechtliche Verpflichtung der Fahrzeughersteller, unabhängigen Wirtschaftsakteuren die Fahrzeug-Identifizierungsnummern (FIN) bereitzustellen
Normenkette
Verordnung (EU) 2018/858 Art. 61 Abs. 1-2; Verordnung (EU) 2018/858 Anhang X Nr. 6.1; EUVO 679/2016 Art. 6 Abs. 1 Buchst. c
Beteiligte
Gesamtverband Autoteile-Handel (Accès aux informations sur les véhicules) |
Gesamtverband Autoteile-Handel e. V. |
Tenor
1.Art. 61 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG
ist wie folgt auszulegen:
Die Verpflichtung, die in diesem Absatz genannten Angaben leicht zugänglich in Form von maschinenlesbaren und elektronisch verarbeitbaren Datensätzen darzubieten, gilt für alle „Reparatur- und Wartungsinformationen“ im Sinne von Art. 3 Nr. 48 der Verordnung und nicht nur für Ersatzteilinformationen nach Anhang X Nr. 6.1 der Verordnung.
2.Art. 61 Abs. 1 Satz 2 und Art. 61 Abs. 2 Unterabs. 2 der Verordnung 2018/858
sind wie folgt auszulegen:
- Die Fahrzeughersteller sind nicht verpflichtet, Fahrzeugreparatur- und Wartungsinformationen über eine Datenbankschnittstelle zugänglich zu machen, die eine maschinengesteuerte Abfrage und den Download der Ergebnisse ermöglicht. Sie sind jedoch verpflichtet, diese Informationen unabhängigen Wirtschaftsakteuren in Dateien bereitzustellen, deren Format der unmittelbaren elektronischen Weiterverarbeitung der in diesen Dateien enthaltenen Datensätze dient
- Die Fahrzeughersteller sind in Verbindung mit Art. 61 Abs. 4 und Anhang X Nr. 6.1 Abs. 3 der Verordnung verpflichtet, eine Datenbank einzurichten, die ermöglicht, nicht nur anhand der Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN), sondern auch anhand zusätzlicher in der letztgenannten Bestimmung vorgesehenen Merkmale nach allen Teilen zu suchen, mit denen das Fahrzeug vom Hersteller ausgerüstet ist.
3.Art. 61 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 61 Abs. 4 und Anhang X Nr. 6.1 der Verordnung 2018/858
ist wie folgt auszulegen:
Er begründet für die Fahrzeughersteller eine „rechtliche Verpflichtung“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (Datenschutz-Grundverordnung), die FIN der von ihnen hergestellten Fahrzeuge unabhängigen Wirtschaftsakteuren als „Verantwortlichen“ im Sinne von Art. 4 Nr. 7 der Verordnung bereitzustellen.
Tatbestand
In der Rechtssache C-319/22
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Landgericht Köln (Deutschland) mit Entscheidung vom 4. Mai 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 11. Mai 2022, in dem Verfahren
Gesamtverband Autoteile-Handel e. V.
gegen
Scania CV AB
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin K. Jürimäe sowie der Richter N. Piçarra (Berichterstatter), M. Safjan, N. Jääskinen und M. Gavalec,
Generalanwalt: M. Campos Sánchez-Bordona,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – des Gesamtverbands Autoteile-Handel e. V., vertreten durch Rechtsanwältin E. Macher sowie durch Rechtsanwälte M. Sacré und P. Schmitz,
- – der Scania CV AB, vertreten durch Rechtsanwälte F. Hübener, B. Lutz und D. Wendel,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Bouchagiar, M. Huttunen und M. Noll-Ehlers als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 4. Mai 2023
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 61 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2018/858 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 über die Genehmigung und die Marktüberwachung von Kraftfahrzeugen und Kraftfahrzeuganhängern sowie von Systemen, Bauteilen und selbstständigen technischen Einheiten für diese Fahrzeuge, zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 715/2007 und (EG) Nr. 595/2009 und zur Aufhebung der Richtlinie 2007/46/EG (ABl. 2018, L 151, S. 1) sowie von Art. 6 Abs. 1 Buchst. c der Verordnung (EU) 2016/679 des Europäischen Parlame...