Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen. Gerichtliche Zuständigkeit und Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen. Zuständigkeit für Versicherungssachen. Klage auf Ersatz eines Schadens, den ein Einzelner mit Wohnsitz in einem Mitgliedstaat durch einen Unfall in einer in einem anderen Mitgliedstaat gemieteten Wohnung erlitten hat. Klage der geschädigten Person zum einen gegen den Versicherer und zum anderen gegen den versicherten Eigentümer der Wohnung. Anwendbarkeit von Art. 13 Abs. 3 dieser Verordnung

 

Normenkette

Verordnung (EU) Nr. 1215/2012

 

Beteiligte

BT

BT

Seguros Catalana Occidente

EB

 

Tenor

Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass im Fall einer von dem Geschädigten gemäß Art. 13 Abs. 2 unmittelbar gegen einen Versicherer erhobenen Klage das Gericht des Mitgliedstaats, in dem der Geschädigte seinen Wohnsitz hat, sich nicht auf der Grundlage von Art. 13 Abs. 3 auch für die Entscheidung über eine von dem Geschädigten gleichzeitig erhobene Schadensersatzklage gegen den in einem anderen Mitgliedstaat ansässigen Versicherungsnehmer oder Versicherten, dem der Versicherer nicht den Streit erklärt hat, für zuständig erklären kann.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom County Court at Birkenhead (Bezirksgericht Birkenhead, Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 30. Dezember 2020, beim Gerichtshof eingegangen am selben Tag, in dem Verfahren

BT

gegen

Seguros Catalana Occidente,

EB

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Jääskinen sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und M. Gavalec,

Generalanwältin: T. Ćapeta,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von EB,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch J. Möller, M. Hellmann und U. Bartl als Bevollmächtigte,
  • der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von A. Peluso, avvocato dello Stato,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Ladenburger, X. Lewis und S. Noë als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 13 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2012, L 351, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen BT auf der einen und Seguros Catalana Occidente und EB auf der anderen Seite über eine Klage von BT auf Ersatz des Schadens, der aufgrund eines Unfalls in einer Liegenschaft von EB entstanden ist.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 16, 18 und 34 der Verordnung Nr. 1215/2012 lauten wie folgt:

„(16) Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten sollte durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind. Das Erfordernis der engen Verbindung soll Rechtssicherheit schaffen und verhindern, dass die Gegenpartei vor einem Gericht eines Mitgliedstaats verklagt werden kann, mit dem sie vernünftigerweise nicht rechnen konnte. Dies ist besonders wichtig bei Rechtsstreitigkeiten, die außervertragliche Schuldverhältnisse infolge der Verletzung der Privatsphäre oder der Persönlichkeitsrechte einschließlich Verleumdung betreffen.

(18) Bei Versicherungs-, Verbraucher- und Arbeitsverträgen sollte die schwächere Partei durch Zuständigkeitsvorschriften geschützt werden, die für sie günstiger sind als die allgemeine Regelung.

(34) Um die Kontinuität zwischen dem … Übereinkommen [vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32) (im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen)], der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 [des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1)] und dieser Verordnung zu wahren, sollten Übergangsvorschriften vorgesehen werden. Dies gilt auch für die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens … und der es ersetzenden Verordnungen durch den Gerichtshof der Europäischen Union.”

Rz. 4

Abschnitt 3 („Zuständigkeit für Versicherungssachen”) des Kapitels II der Verordnung Nr. 1215/2012 enthält deren Art. 10 bis 16.

Rz. 5

Art. 10 der Verordnung Nr. 1215/2012 bestimmt:

...

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