Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird. Nichtdurchführung. Finanzielle Sanktion
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Portugiesische Republik hat dadurch, dass sie das Gesetzesdekret Nr. 48 051 vom 21. November 1967 nicht aufgehoben hat, das die Gewährung von Schadensersatz an die Personen, die durch einen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht über öffentliche Aufträge oder die dieses Recht umsetzenden nationalen Bestimmungen geschädigt worden sind, davon abhängig macht, dass ein Verschulden oder Arglist nachgewiesen wird, nicht die sich aus dem Urteil vom 14. Oktober 2004, Kommission/Portugal (C-275/03), ergebenden Maßnahmen ergriffen und damit gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 228 Abs. 1 EG verstoßen.
2. Die Portugiesische Republik wird verurteilt, der Kommission der Europäischen Gemeinschaften auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaft” ein Zwangsgeld in Höhe von 19 392 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung der Maßnahmen zu zahlen, die erforderlich sind, um dem Urteil vom 14. Oktober 2004, Kommission/Portugal, nachzukommen, und zwar von der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur Durchführung des Urteils vom 14. Oktober 2004.
3. Die Portugiesische Republik trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 228 EG, eingereicht am 7. Februar 2006,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch X. Lewis, A. Caeiros und P. Andrade als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Portugiesische Republik, vertreten durch L. Fernandes, P. Fragoso Martins und J. de Oliveira als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann sowie der Richter A. Tizzano (Berichterstatter), R. Schintgen, A. Borg Barthet und E. Levits,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 5. Juli 2007,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. Oktober 2007
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften,
- festzustellen, dass die Portugiesische Republik gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 228 Abs. 1 EG verstoßen hat, indem sie nicht die Maßnahmen ergriffen hat, die erforderlich sind, um die Durchführung des Urteils vom 14. Oktober 2004, Kommission/Portugal (C-275/03, nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht), sicherzustellen;
- die Portugiesische Republik zu verurteilen, ihr auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Gemeinschaft” ein Zwangsgeld in Höhe von 21 450 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung des Urteils Kommission/Portugal zu zahlen, und zwar von der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache bis zur Durchführung des Urteils Kommission/Portugal, sowie
- der Portugiesischen Republik die Kosten aufzuerlegen.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Die Erwägungsgründe 3, 4 und 6 der Richtlinie 89/665/EWG des Rates vom 21. Dezember 1989 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer- und Bauaufträge (ABl. L 395, S. 33, im Folgenden: Richtlinie 89/665) lauten:
„Die Öffnung des öffentlichen Auftragswesens für den gemeinschaftsweiten Wettbewerb setzt eine beträchtliche Verstärkung der Garantien im Bereich der Transparenz und der Nichtdiskriminierung voraus; damit diese Öffnung konkret umgesetzt werden kann, müssen für den Fall von Verstößen gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die in Umsetzung dieses Rechts ergangen sind, Möglichkeiten einer wirksamen und raschen Nachprüfung bestehen.
Der Umstand, dass in einigen Mitgliedstaaten keine wirksamen oder nur unzulängliche Nachprüfungsverfahren bestehen, hält die Unternehmen der Gemeinschaft davon ab, sich um Aufträge in dem Staat des jeweiligen öffentlichen Auftraggebers zu bewerben. Deshalb müssen die betreffenden Mitgliedstaaten Abhilfe schaffen.
In allen Mitgliedstaaten müssen geeignete Verfahren geschaffen werden, um die Aufhebung rechtswidriger Entscheidungen und die Entschädigung der durch einen Verstoß Geschädigten zu ermöglichen.”
Rz. 3
Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 89/665 bestimmt:
„Die Mitgliedstaaten ergreifen die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass hinsichtlich der in den Anwendungsbereich der Richtlinien 71/305/EWG und 77/62/EWG fallenden Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge die Entscheidungen der Vergabebehörden wirksam und vor allem möglichst rasch … auf Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht im Bereich des öffentlichen Auftragswesens oder gegen die einzelstaatlichen Vorschriften, die dieses Recht umsetzen, ...