Entscheidungsstichwort (Thema)
Freier Dienstleistungsverkehr. Entsendung von Arbeitnehmern. Beitrittsakte von 2003. Übergangsmaßnahmen. Zugang polnischer Staatsangehöriger zum Arbeitsmarkt der Staaten, die zum Zeitpunkt des Beitritts der Republik Polen bereits Mitgliedstaaten der Union waren. Erfordernis einer Beschäftigungserlaubnis für die Überlassung von Arbeitnehmern. Richtlinie 96/71/EG. Art. 1 Abs. 3
Beteiligte
BAM Vermeer Contracting sp. zoo |
Olbek Industrial Services sp. zoo |
Minister van Sociale Zaken en Werkgelegenheid |
Tenor
1. Die Art. 56 AEUV und 57 AEUV verbieten nicht, dass ein Mitgliedstaat während der in Kapitel 2 Nr. 2 des Anhangs XII der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge vorgesehenen Übergangszeit die Entsendung von polnischen Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen in sein Hoheitsgebiet von der Einholung einer Beschäftigungserlaubnis abhängig macht.
2. Die Entsendung von Arbeitnehmern im Sinne des Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71 ist eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung, bei der der entsandte Arbeitnehmer im Dienst des die Dienstleistung erbringenden Unternehmens bleibt, ohne dass ein Arbeitsvertrag mit dem verwendenden Unternehmen geschlossen würde. Ihr wesentliches Merkmal besteht darin, dass der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat der eigentliche Gegenstand der Dienstleistung des erbringenden Unternehmens ist und dass der Arbeitnehmer seine Aufgaben unter der Aufsicht und Leitung des verwendenden Unternehmens wahrnimmt.
Tatbestand
In den verbundenen Rechtssachen
betreffend Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG, eingereicht vom Raad van State (Niederlande) mit Entscheidungen vom 29. Juli 2009, beim Gerichtshof eingegangen am 3. August 2009, in den Verfahren
Vicoplus SC PUH (C-307/09),
BAM Vermeer Contracting sp. zoo (C-308/09),
Olbek Industrial Services sp. zoo (C-309/09)
gegen
Minister van Sociale Zaken en Werkgelegenheid
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. N. Cunha Rodrigues sowie der Richter A. Arabadjiev, A. Rosas, U. Lõhmus (Berichterstatter) und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2010,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Vicoplus SC PUH, vertreten durch E. Vliegenberg, advocaat,
- der BAM Vermeer Contracting sp. zoo und Olbek Industrial Services sp. zoo, vertreten durch M. Lewandowski, advocaat,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch C. Wissels und B. Koopman als Bevollmächtigte,
- der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek und T. Müller als Bevollmächtigte,
- der dänischen Regierung, vertreten durch C. Vang als Bevollmächtigten,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma, N. Graf Vitzthum und J. Möller als Bevollmächtigte,
- der österreichischen Regierung, vertreten durch E. Riedl und G. Hesse als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch M. Dowgielewicz, J. Faldyga und K. Majcher als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren, I. Rogalski, W. Wils und E. Traversa als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 9. September 2010
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung der Art. 56 AEUV und 57 AEUV sowie von Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1).
Rz. 2
Diese Ersuchen ergehen im Rahmen von Rechtsstreitigkeiten zwischen den polnischen Unternehmen Vicoplus SC PUH (im Folgenden: Vicoplus), BAM Vermeer Contracting sp. zoo (im Folgenden: BAM Vermeer) und Olbek Industrial Services sp. zoo (im Folgenden: Olbek) einerseits und dem Minister van Sociale Zaken en Werkgelegenheid (Minister für Soziales und Beschäftigung) andererseits wegen Geldbußen, die gegen diese Unternehmen verhängt worden waren, weil sie polnische Arbeitnehmer in die Niederlande entsandt hatten, ohne über eine Beschäftigungserlaubnis zu verfügen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Beitrittsakte von 2003
Rz. 3
Nach Art. 24 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Rep...