Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Freier Dienstleistungsverkehr. Entsendung von Arbeitnehmern. Überlassung von Arbeitskräften. Übergangsmaßnahmen. Zugang von ungarischen Staatsangehörigen zum Arbeitsmarkt der Staaten, die zum Zeitpunkt des Beitritts der Republik Ungarn bereits Mitgliedstaaten der Europäischen Union waren. Erfordernis einer Beschäftigungsbewilligung für die Überlassung von Arbeitskräften. Nichtempfindliche Sektoren

 

Normenkette

Richtlinie 96/71/EG Art. 1 Abs. 3 Buchst. A, Abs. 3 Buchst. c; Beitrittsakte 2003

 

Beteiligte

Martin Meat

Martin Meat kft

Géza Simonfay

Ulrich Salburg

 

Tenor

1. Kapitel 1 Nrn. 2 und 13 des Anhangs X der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass die Republik Österreich nach Kapitel 1 Nr. 2 dieses Anhangs berechtigt ist, die Arbeitskräfteüberlassung in ihrem Hoheitsgebiet einzuschränken, auch wenn diese Überlassung keinen empfindlichen Sektor im Sinne von Kapitel 1 Nr. 13 dieses Anhangs betreffen sollte.

2. Für die Feststellung, ob ein Vertragsverhältnis wie das im Ausgangsverfahren in Rede stehende als Arbeitskräfteüberlassung im Sinne von Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen einzustufen ist, ist jeder Anhaltspunkt dafür zu berücksichtigen, ob der Wechsel des Arbeitnehmers in den Aufnahmemitgliedstaat den eigentlichen Gegenstand der Dienstleistung, auf den sich dieses Vertragsverhältnis bezieht, darstellt oder nicht. Einen Hinweis darauf, dass ein solcher Wechsel nicht der eigentliche Gegenstand der betreffenden Dienstleistung ist, stellen grundsätzlich u. a. der Umstand dar, dass der Dienstleistungserbringer die Folgen der nicht vertragsgemäßen Ausführung der vertraglich vereinbarten Leistung trägt, sowie der Umstand, dass es dem Dienstleistungserbringer freisteht, die Zahl der Arbeitnehmer zu bestimmen, deren Entsendung in den Aufnahmemitgliedstaat er für sachgerecht hält. Hingegen erlaubt der Umstand, dass das Unternehmen, dem die betreffende Leistung zugutekommt, kontrolliert, ob diese vertragsgemäß ist, oder allgemeine Anweisungen an die Arbeitnehmer des Dienstleistungserbringers erteilen kann, als solcher nicht die Schlussfolgerung, dass eine Überlassung von Arbeitskräften vorliegt.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Ersuchen um Vorabentscheidung nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Pesti központi kerületi bíróság (Ungarn) mit Entscheidung vom 22. Oktober 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 20. November 2013, in dem Verfahren

Martin Meat kft

gegen

Géza Simonfay,

Ulrich Salburg

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen, der Richterin K. Jürimäe (Berichterstatterin), der Richter J. Malenovský und M. Safjan sowie der Richterin A. Prechal,

Generalanwältin: E. Sharpston,

Kanzler: I. Illéssy, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 9. Oktober 2014,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Martin Meat kft, vertreten durch R. Zuberecz, ügyvéd,
  • von Géza Simonfay und Ulrich Salburg, vertreten durch V. Nagy, ügyvéd,
  • der ungarischen Regierung, vertreten durch Z. Fehér und A. M. Pálfy als Bevollmächtigte,
  • der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze und J. Möller als Bevollmächtigte,
  • der österreichischen Regierung, vertreten durch G. Hesse als Bevollmächtigten,
  • der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna und D. Lutostanska als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Enegren und A. Sipos als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 15. Januar 2015

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Kapitel 1 Nrn. 2 und 13 des Anhangs X der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33, im Folgenden: Beitrittsakte von 2003) und von Art. 1 Abs. 3 Buchst. c der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen (ABl. 1997, L 18, S. 1) vor dem Hintergrund des Urteils Vicoplus u. a. (C-307/09 bis C-309/09, EU:C:2011:64).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Martin Meat kft (im Folgenden: Martin Me...

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