Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen. Auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendendes Recht. Verbraucherverträge. Rechtswahl. Ausschluss von Verträgen, die ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen oder die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum Gegenstand haben. Kaufverträge, die einen Pachtvertrag und einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen beinhalten und sich auf Bäume beziehen, die ausschließlich mit dem Ziel gepflanzt werden, sie zum Zwecke der Gewinnerzielung zu ernten

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 593/2008 (Rom I) Art. 6 Abs. 4 Buchst. c

 

Beteiligte

ShareWood Switzerland

UE

ShareWood Switzerland AG

VF

 

Tenor

Art. 6 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) ist dahin auszulegen, dass Kaufverträge, die einen Pachtvertrag und einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen beinhalten und sich auf Bäume beziehen, die auf einem Grundstück gepflanzt wurden, das ausschließlich mit dem Ziel gepachtet wird, diese Bäume zum Zweck der Gewinnerzielung zu ernten, keine „Verträge, die ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen oder die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen zum Gegenstand haben” im Sinne dieser Bestimmung sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Obersten Gerichtshof (Österreich) mit Entscheidung vom 28. September 2020, beim Gerichtshof eingegangen am 13. November 2020, in dem Verfahren

UE

gegen

ShareWood Switzerland AG,

VF

erlässt

DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Jääskinen sowie der Richter M. Safjan (Berichterstatter) und M. Gavalec,

Generalanwältin: L. Medina,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von UE, vertreten durch Rechtsanwalt R. Mirfakhrai,
  • der ShareWood Switzerland AG und von VF, vertreten durch Rechtsanwalt S. Albiez,
  • der Europäischen Kommission, zunächst vertreten durch M. Wasmeier und M. Wilderspin, dann durch M. Wasmeier und W. Wils als Bevollmächtigte,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 6 Abs. 4 Buchst. c der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I) (ABl. 2008, L 177, S. 6, im Folgenden: Rom-I-Verordnung).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen UE auf der einen Seite und der ShareWood Switzerland AG (im Folgenden: ShareWood) und VF auf der anderen Seite über deren Verpflichtung zur Zahlung eines Geldbetrags an UE aufgrund eines zwischen diesen Parteien geschlossenen Rahmenvertrags.

Unionsrechtlicher Rahmen

Rz. 3

Der siebte Erwägungsgrund der Rom-I-Verordnung lautet:

„Der materielle Anwendungsbereich und die Bestimmungen dieser Verordnung sollten mit der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (‚Brüssel I’) … [ABl. 2001, L 12, S. 1] und der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (‚Rom II’) … [ABl. 2007, L 199, S. 40] im Einklang stehen.”

Rz. 4

Art. 6 („Verbraucherverträge”) der Rom-I-Verordnung bestimmt:

„(1) Unbeschadet der Artikel 5 und 7 unterliegt ein Vertrag, den eine natürliche Person zu einem Zweck, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (‚Verbraucher’), mit einer anderen Person geschlossen hat, die in Ausübung ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit handelt (‚Unternehmer’), dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer

  1. seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in dem Staat ausübt, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, oder
  2. eine solche Tätigkeit auf irgendeiner Weise auf diesen Staat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet

und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

(2) Ungeachtet des Absatzes 1 können die Parteien das auf einen Vertrag, der die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllt, anzuwendende Recht nach Artikel 3 wählen. Die Rechtswahl darf jedoch nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Absatz 1 mangels einer Rechtswahl anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf.

4. Die Absätze 1 und 2 gelten nicht für:

c) Verträge, die ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen oder die Miete oder Pacht unbeweglicher Sachen ...

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