Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorabentscheidungsersuchen. Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts. Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums. Verweigerung der Zulassung einer Person, die die von dieser Richtlinie vorgesehenen Bedingungen erfüllt. Ermessensspielraum der zuständigen Behörden
Normenkette
Richtlinie 2004/114/EG Art. 6-7, 12
Beteiligte
Bundesrepublik Deutschland |
Tenor
Art. 12 der Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums oder zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst ist dahin auszulegen, dass der betreffende Mitgliedstaat dazu verpflichtet ist, einen Drittstaatsangehörigen, der sich für mehr als drei Monate zu Studienzwecken in seinem Hoheitsgebiet aufhalten möchte, in sein Hoheitsgebiet zuzulassen, wenn dieser Drittstaatsangehörige die in den Art. 6 und 7 dieser Richtlinie abschließend aufgezählten Zulassungsbedingungen erfüllt und der Mitgliedstaat in seinem Fall keinen der in dieser Richtlinie ausdrücklich genannten Gründe geltend macht, die die Versagung eines Aufenthaltstitels rechtfertigen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Verwaltungsgericht Berlin (Deutschland) mit Entscheidung vom 5. September 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 13. September 2013, in dem Verfahren
Mohamed Ali Ben Alaya
gegen
Bundesrepublik Deutschland
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, der Richter C. G. Fernlund und A. Ó Caoimh (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: P. Mengozzi,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der deutschen Regierung, vertreten durch T. Henze als Bevollmächtigten,
- der belgischen Regierung, vertreten durch L. Van den Broeck und C. Pochet als Bevollmächtigte,
- der Regierung von Estland, vertreten durch N. Grünberg als Bevollmächtigte,
- der griechischen Regierung, vertreten durch T. Papadopoulou als Bevollmächtigte,
- der polnischen Regierung, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch L. Christie als Bevollmächtigten im Beistand von J. Holmes, Barrister,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Wils und M. Condou-Durande als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 12. Juni 2014
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 12 der Richtlinie 2004/114/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 über die Bedingungen für die Zulassung von Drittstaatsangehörigen zur Absolvierung eines Studiums oder zur Teilnahme an einem Schüleraustausch, einer unbezahlten Ausbildungsmaßnahme oder einem Freiwilligendienst (ABl. L 375, S. 12).
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Ben Alaya und der Bundesrepublik Deutschland wegen deren Weigerung, ihm ein Visum zu Studienzwecken zu erteilen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
Die Erwägungsgründe 6, 7, 14, 15 und 24 der Richtlinie 2004/114 lauten:
„(6) Ein Ziel der bildungspolitischen Maßnahmen der Gemeinschaft ist es, darauf hinzuwirken, dass ganz Europa im Bereich von Studium und beruflicher Bildung weltweit Maßstäbe setzt. Die Förderung der Bereitschaft von Drittstaatsangehörigen, sich zu Studienzwecken in die Gemeinschaft zu begeben, ist ein wesentliches Element dieser Strategie. Dazu gehört auch die Annäherung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten im Bereich der Einreise- und Aufenthaltsbedingungen.
(7) Die Zuwanderung zu den in dieser Richtlinie genannten Zwecken, die per definitionem zeitlich begrenzt und von der Situation auf dem Arbeitsmarkt des Aufnahmemitgliedstaats unabhängig ist, stellt sowohl für die betreffenden Personen als auch für ihren Herkunfts- und den Aufnahmestaat eine Bereicherung dar und trägt zugleich allgemein zu einem besseren interkulturellen Verständnis bei.
…
(14) Die Zulassung für die in dieser Richtlinie festgelegten Zwecke kann aus besonderen Gründen abgelehnt werden. Insbesondere könnte die Zulassung verweigert werden, falls ein Mitgliedstaat ausgehend von einer auf Tatsachen gestützten Beurteilung zu der Auffassung gelangt, dass der betreffende Drittstaatsangehörige eine potenzielle Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt. Der Begriff der öffentlichen Ordnung kann die Verurteilung wegen der Begehung einer schwerwiegenden Straftat umfassen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass der Begriff der öffentlichen Ordnung und der öffentlichen Sicherheit auch Fälle umfasst, in denen ein Drittstaatsangehöriger einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt, eine solche Vereinigu...