Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Art. 87 Abs. 1 EG. Vertragliche Zahlungszusage. Wegfall einer Voraussetzung des Vertrags. Neues Vorbringen. Auswechslung der Begründung. Antrag auf Zeugenvernehmung. Kriterium des privaten Gläubigers. Begründung des Urteils des Gerichts. Ermittlung der Höhe der Beihilfe. Art. 87 Abs. 3 Buchst. c EG. Recht auf Anhörung. Verletzung der Verfahrensrechte des betreffenden Mitgliedstaats

 

Beteiligte

Technische Glaswerke Ilmenau / Kommission

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Technische Glaswerke Ilmenau GmbH

 

Tenor

1. Das Rechtsmittel wird zurückgewiesen.

2. Die Technische Glaswerke Ilmenau GmbH trägt neben ihren eigenen Kosten sämtliche Kosten der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, die dieser im Verfahren der einstweiligen Anordnung und im vorliegenden Rechtszug entstanden sind.

3. Die Technische Glaswerke Ilmenau GmbH trägt die der Schott AG im Verfahren der einstweiligen Anordnung entstandenen Kosten.

4. Die Schott AG trägt die ihr im vorliegenden Verfahren entstandenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingereicht am 22. September 2004,

Technische Glaswerke Ilmenau GmbH, Ilmenau (Deutschland), Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte C. Arhold und N. Wimmer, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch V. Di Bucci und V. Kreuschitz als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Beklagte im ersten Rechtszug,

Schott AG, ehemals Schott Glas, mit Sitz in Mainz (Deutschland), Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt U. Soltész,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richterin R. Silva de Lapuerta und des Richters G. Arestis (Berichterstatter),

Generalanwältin: C. Stix-Hackl,

Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 27. April 2006,

aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Rechtsmittelführerin die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 8. Juli 2004, Technische Glaswerke Ilmenau/Kommission (T-198/01, Slg. 2004, II-2717, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem das Gericht ihre Klage auf Nichtigerklärung der Entscheidung 2002/185/EG der Kommission vom 12. Juni 2001 über die staatliche Beihilfe Deutschlands zugunsten der Technischen Glaswerke Ilmenau GmbH, Deutschland (ABl. 2002, L 62, S. 30, im Folgenden: streitige Entscheidung) abgewiesen hat.

Sachverhalt

2 Die Rechtsmittelführerin ist ein deutsches Unternehmen mit Sitz in Ilmenau im Freistaat Thüringen. Sie ist im Bereich der Glasherstellung tätig. Sie wurde 1994 von den Eheleuten Geiß mit dem Ziel gegründet, vier der zwölf Produktionslinien für die Herstellung von Glas der früheren Ilmenauer Glaswerke GmbH (im Folgenden: IGW) zu übernehmen, die von der Treuhandanstalt (einer mit der Umstrukturierung der Unternehmen der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik betrauten Einrichtung des öffentlichen Rechts), die später in Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben umbenannt worden ist (im Folgenden: BvS), in Liquidation überführt worden war.

3 Der Verkauf der vier Produktionslinien durch die IGW an die Rechtsmittelführerin erfolgte in zwei Stufen, durch einen ersten Vertrag über die Übertragung von Aktiva vom 26. September 1994 (im Folgenden: Asset-deal 1), der von der Treuhandanstalt im Dezember 1994 genehmigt wurde, und einen zweiten Vertrag vom 11. Dezember 1995 (im Folgenden: Asset-deal 2), den die BvS am 13. August 1996 genehmigte.

4 Nach dem Asset-deal 1 betrug der Kaufpreis für die ersten drei Produktionslinien insgesamt 5,8 Millionen DM (2 965 493 Euro) und sollte in drei Raten am 31. Dezember der Jahre 1997, 1998 und 1999 gezahlt werden. Die Zahlung wurde durch eine Grundschuld in Höhe von 4 Millionen DM (2 045 168 Euro) und eine Bankbürgschaft von 1,8 Millionen DM (920 325 Euro) gesichert. Es ist unstreitig, dass keine dieser drei Raten gezahlt wurde. Mit dem Asset-deal 2 verkaufte die IGW auch die vierte Produktionslinie – zum Preis von 50 000 DM (25 565 Euro) – an die Rechtsmittelführerin.

5 Nachdem die Rechtsmittelführerin im Jahr 1997 Liquiditätsprobleme hatte, nahm sie Verhandlungen mit der BvS auf. Diese führten zum Abschluss eines Vertrages vom 16. Februar 1998, in dem sich die BvS bereit erklärte, den im Asset-deal 1 vereinbarten Kaufpreis um 4 Millionen DM zu verringern (im Folgenden: Kaufpreisverringerung).

6 Mit Schreiben vom 1. Dezember 1998 notifizierte die Bundesrepublik Deutschland der Kommission der Europäischen Gemeinschaften verschiedene Maßnahmen zur finanziellen Unterstützung der Rechtsmittelführerin, darunter die Ka...

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