Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Landwirtschaft. Gemeinsame Agrarpolitik (GAP). Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER). Sachliche Anwendbarkeit. Zeitliche Anwendbarkeit. Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte. Zuschussfähigkeit. Voraussetzungen für die Gewährung. Regelung eines Mitgliedstaats, wonach die landwirtschaftliche Tätigkeit ununterbrochen als Haupterwerbstätigkeit und als Einzelunternehmer ausgeübt werden muss. Zusätzliche Förderbedingungen. Förderkriterium. Verpflichtung
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 Art. 22, 71; Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 Art. 63; VO (EU) Nr. 640/2014 Art. 35
Beteiligte
Tenor
1.Art. 22 Abs. 1 und Art. 71 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 des Rates vom 20. September 2005 über die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER)
sind dahin auszulegen, dass
sie es einem Mitgliedstaat gestatten, für die Förderfähigkeit einer Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte die Bedingung aufzustellen, dass der Begünstigte der Beihilfe die landwirtschaftliche Tätigkeit vom Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Zahlung von 90 % des Beihilfebetrags bis zum Ende des Betriebszeitraums als Haupterwerbstätigkeit ausübt.
2.Art. 63 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates sowie Art. 35 Abs. 1 bis 3 der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance
sind wie folgt auszulegen:
Zum einen kann eine durch die Regelung eines Mitgliedstaats vorgesehene Förderbedingung für eine Niederlassungsbeihilfe für Junglandwirte, wonach der Begünstigte der Beihilfe vom Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Zahlung von 90 % des Beihilfebetrags bis zum Ende des Betriebszeitraums eine landwirtschaftliche Tätigkeit als Haupterwerbstätigkeit ausüben muss, eine „Auflage“ bzw. „Verpflichtung“ im Sinne dieser Bestimmungen darstellen. Zum anderen steht in einem solchen Fall Art. 35 Abs. 2 und 3 der Delegierten Verordnung 640/2014 dem entgegen, dass der Begünstigte bei Nichteinhaltung einer solchen Auflage bzw. Verpflichtung den gesamten Beihilfebetrag zurückzahlen muss, ohne dass insbesondere die Dauer der Nichteinhaltung berücksichtigt wird.
Tatbestand
In der Rechtssache C-6/23 [Baramlay](
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Kúria (Oberstes Gericht, Ungarn) mit Entscheidung vom 13. Dezember 2022, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Januar 2023, in dem Verfahren
X
gegen
Agrárminiszter
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten N. Piçarra sowie der Richter N. Jääskinen und M. Gavalec (Berichterstatter),
Generalanwältin: T. Ćapeta,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – der ungarischen Regierung, vertreten durch M. Z. Fehér und R. Kissné Berta als Bevollmächtigte,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch J. Aquilina, A. C. Becker und Zs. Teleki als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 64 Abs. 1, 2 und 4 sowie Art. 77 Abs. 1, 2 und 4 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 549), sowie von Art. 50 Abs. 3 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates (ABl. 2013, L 347, S. 608).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen X und dem Agrárminiszter (Landwirtschaftsminister, Ungarn) wegen der Verpflichtung von X, eine ihm gewährte Niederlassungsbeihilfe für Jungland...