Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. Universaldienstverpflichtungen und soziale Verpflichtungen. Bereitstellung des Zugangs an einem festen Standort und Erbringung von Telefondiensten. Erschwinglichkeit der Tarife. Besondere Tarifoptionen. Finanzierung der Universaldienstverpflichtungen. Zusätzliche Pflichtdienste. Mobile Kommunikationsdienste und/oder Internetabonnements
Normenkette
Richtlinie 2002/22/EG Art. 4, 9, 13, 32
Beteiligte
Base Company und Mobistar |
Tenor
Die Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass die Sondertarife und der Finanzierungsmechanismus, die in Art. 9 bzw. Art. 13 Abs. 1 Buchst. b dieser Richtlinie vorgesehen sind, auf Internetabonnements, die einen Internetanschluss an einem festen Standort benötigen, anwendbar sind, nicht aber auf mobile Kommunikationsdienste einschließlich Internetabonnements, die mittels mobiler Kommunikationsdienste erbracht werden. Wenn die letztgenannten Dienste als „zusätzliche Pflichtdienste” im Sinne von Art. 32 der Richtlinie 2002/22 in der Fassung der Richtlinie 2009/136 im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats öffentlich zugänglich gemacht werden, kann ihre Finanzierung im nationalen Recht nicht durch einen Mechanismus mit Beteiligung bestimmter Unternehmen sichergestellt werden.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Grondwettelijk Hof (Belgien) mit Entscheidung vom 19. Dezember 2013, beim Gerichtshof eingegangen am 2. Januar 2014, in dem Verfahren
Base Company NV, vormals KPN Group Belgium NV,
Mobistar NV
gegen
Ministerraad,
Beteiligte:
Belgacom NV,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas (Berichterstatter) und C. G. Fernlund,
Generalanwalt: P. Cruz Villalón,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. November 2014,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Base Company NV und der Mobistar NV, vertreten durch T. De Cordier und E. Taelman, advocaten,
- der belgischen Regierung, vertreten durch J. Van Holm und M. Jacobs als Bevollmächtigte im Beistand von S. Depré und D. Schrijvers, advocaten,
- des Europäischen Parlaments, vertreten durch R. van de Westelaken und J. Rodrigues als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch I. Šulce, K. Michoel und J. Herrmann als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Nicolae, G. Braun, F. Wilman und P.-J. Loewenthal als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 29. Januar 2015
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Art. 9 und 32 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. L 108, S. 51) in der durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 (ABl. L 337, S. 11) geänderten Fassung (im Folgenden: Universaldienstrichtlinie) sowie die Gültigkeit der Universaldienstrichtlinie im Hinblick auf den in Art. 20 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta) verankerten Gleichheitsgrundsatz.
Rz. 2
Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Base Company NV (im Folgenden: Base Company) und der Mobistar NV (im Folgenden: Mobistar) auf der einen Seite sowie dem Ministerraad (Ministerrat) auf der anderen Seite wegen einer Klage auf Nichtigerklärung von Bestimmungen des nationalen Rechts, die Betreibern, die mobile Kommunikationsdienste und/oder Internetabonnements für Verbraucher bereitstellen, auferlegen, zur Finanzierung der Nettokosten dieser Dienste beizutragen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Rz. 3
In den Erwägungsgründen 4, 8, 25 und 46 der Universaldienstrichtlinie heißt es:
„(4) Zu der Gewährleistung des Universaldienstes (d. h. der Bereitstellung eines festgelegten Mindestangebots an Diensten für alle Endnutzer zu einem erschwinglichen Preis) kann auch die Bereitstellung von einigen Diensten für bestimmte Endnutzer zu Preisen gehören, die von denen, die sich aus den üblichen Marktbedingungen ergeben, abweichen. …
…
(8) Eine grundlegende Anforderung an den Universaldienst besteht darin, den Nutzern auf Antrag einen Anschluss an das öffentliche Telefonnetz an einem festen Standort zu einem erschwinglichen Preis bereitzustellen. …
…
(25) Den Mitgliedstaat...