Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Öffentliche Gesundheit. Ausschluss von Keimzellen, fötalem und embryonalem Gewebe vom Anwendungsbereich einer nationalen Regelung zur Umsetzung der Richtlinien
Normenkette
Richtlinie 2004/23/EG; Richtlinie 2006/86/EG; Richtlinie 2006/17/EG
Beteiligte
Tenor
1. Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 31 der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen, aus Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 7 und Anhang III der Richtlinie 2006/17/EG der Kommission vom 8. Februar 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Vorschriften für die Spende, Beschaffung und Testung von menschlichen Geweben und Zellen sowie aus Art. 11 der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen verstoßen, dass sie Keimzellen sowie fötale und embryonale Gewebe vom Anwendungsbereich der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinien ausgenommen hat.
2. Die Republik Polen trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 258 AEUV, eingereicht am 21. Januar 2014,
Europäische Kommission, vertreten durch C. Gheorghiu und M. Owsiany-Hornung als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Republik Polen, vertreten durch B. Majczyna als Bevollmächtigten,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič, des Richters A. Ó Caoimh, der Richterin C. Toader sowie der Richter E. Jarašiūnas und C. G. Fernlund (Berichterstatter),
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus Art. 31 der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung von Qualitäts- und Sicherheitsstandards für die Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 102, S. 48), aus Art. 3 Buchst. b, Art. 4 Abs. 2, Art. 7 und Anhang III der Richtlinie 2006/17/EG der Kommission vom 8. Februar 2006 zur Durchführung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich technischer Vorschriften für die Spende, Beschaffung und Testung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 38, S. 40) sowie aus Art. 11 der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294, S. 32) (im Folgenden zusammen: die in Rede stehenden Richtlinien) verstoßen hat, dass sie Keimzellen sowie fötale und embryonale Gewebe vom Anwendungsbereich der nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinien ausgenommen hat.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Richtlinie 2004/23
Rz. 2
Die Erwägungsgründe 1, 2 und 4 der Richtlinie 2004/23 lauten wie folgt:
„(1) Die Transplantation von menschlichen Geweben und Zellen ist ein stark wachsender Sektor der Medizin, der große Chancen für die Behandlung von bisher unheilbaren Erkrankungen bietet. Die Qualität und Sicherheit dieser Substanzen sollte gewährleistet werden, insbesondere zur Verhütung der Übertragung von Krankheiten.
(2) Die Verfügbarkeit menschlicher Gewebe und Zellen für therapeutische Zwecke hängt davon ab, ob Bürger der Gemeinschaft zur Spende bereit sind. Zum Schutz der öffentlichen Gesundheit und zur Verhütung der Übertragung von Infektionskrankheiten durch diese Gewebe und Zellen müssen bei ihrer Spende, Beschaffung, Testung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung, Verteilung und Verwendung alle erdenklichen Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.
…
(4) Es besteht dringender Bedarf an einheitlichen Rahmenbedingungen für die Gewährleistung hoher Qualitäts- und Sicherheitsstandards bei der Beschaffu...