Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen. Gerichtliche Zuständigkeit. Zuständigkeit des Gerichts des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist. Ort der Erbringung von Dienstleistungen. Vertrag über die Beförderung von Gütern von einem Mitgliedstaat in einen anderen. Aus mehreren Teilen bestehende und mit verschiedenen Transportmitteln zurückgelegte Strecke

 

Normenkette

Verordnung (EG) Nr. 44/2001 Art. 5 Nr. 1 Buchst. b

 

Beteiligte

Zurich Insurance und Metso Minerals

Zurich Insurance plc

Metso Minerals Oy

Abnormal Load Services (International) Ltd

 

Tenor

Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Vertrags wie dem im Ausgangsverfahren streitigen, der die Güterbeförderung zwischen Mitgliedstaaten betrifft, die in mehreren Teilen mit Zwischenstopp und mit unterschiedlichen Transportmitteln stattfindet, sowohl der Ort der Versendung als auch der Ort der Lieferung der Güter Orte der Erbringung der Beförderungsdienstleistung im Sinne dieser Bestimmung sind.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Korkein oikeus (Oberster Gerichtshof, Finnland) mit Entscheidung vom 15. Februar 2017, beim Gerichtshof eingegangen am 17. Februar 2017, in dem Verfahren

Zurich Insurance plc,

Metso Minerals Oy

gegen

Abnormal Load Services (International) Ltd

erlässt

DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten L. Bay Larsen sowie der Richter J. Malenovský, M. Safjan (Berichterstatter), D. Šváby und M. Vilaras,

Generalanwalt: E. Tanchev,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Abnormal Load Services (International) Ltd, vertreten durch M. Komonen, asianajaja,
  • der finnischen Regierung, vertreten durch J. Heliskoski als Bevollmächtigten,
  • der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. Inez Fernandes, M. Figueiredo und P. Lacerda als Bevollmächtigte,
  • der schweizerischen Regierung, vertreten durch M. Schöll als Bevollmächtigten,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch P. Aalto und M. Heller als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. April 2018

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 5 Nr. 1 Buchst. b zweiter Gedankenstrich der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1).

Rz. 2

Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Zurich Insurance plc (im Folgenden: Zurich), einem Versicherungsunternehmen mit Sitz in Irland, und der Metso Minerals Oy (im Folgenden: Metso), einer Gesellschaft finnischen Rechts, auf der einen Seite und der Abnormal Load Services (International) Ltd (im Folgenden: ALS), einer Gesellschaft mit Sitz im Vereinigten Königreich, auf der anderen Seite wegen der Zahlung von Schadensersatz für den Verlust einer Lieferung bei ihrer Beförderung durch ALS.

Rechtlicher Rahmen

Rz. 3

Die Erwägungsgründe 11 und 12 der Verordnung Nr. 44/2001 lauten:

„(11) Die Zuständigkeitsvorschriften müssen in hohem Maße vorhersehbar sein und sich grundsätzlich nach dem Wohnsitz des Beklagten richten, und diese Zuständigkeit muss stets gegeben sein, außer in einigen genau festgelegten Fällen, in denen aufgrund des Streitgegenstands oder der Vertragsfreiheit der Parteien ein anderes Anknüpfungskriterium gerechtfertigt ist. Der Sitz juristischer Personen muss in der Verordnung selbst definiert sein, um die Transparenz der gemeinsamen Vorschriften zu stärken und Kompetenzkonflikte zu vermeiden.

(12) Der Gerichtsstand des Wohnsitzes des Beklagten muss durch alternative Gerichtsstände ergänzt werden, die entweder aufgrund der engen Verbindung zwischen Gericht und Rechtsstreit oder im Interesse einer geordneten Rechtspflege zuzulassen sind.”

Rz. 4

Art. 5 Nr. 1 in Kapitel II Abschnitt 2 „Besondere Zuständigkeiten”) der Verordnung Nr. 44/2001 sieht vor:

„Eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, kann in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden:

1. a) wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre;

b) im Sinne dieser Vorschrift – und sofern nichts anderes vereinbart worden ist – ist der Erfüllungsort der Verpflichtung

  • für den Verkauf beweglicher Sachen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert worden sind oder hätten geliefert werden müssen;
  • für die Erbringung von Dienstleistungen der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag erbrach...

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