Entscheidungsstichwort (Thema)
Verordnung (EWG) Nr. 1408/71. Bestimmung der anzuwendenden Rechtsvorschriften. Leistungen bei Arbeitslosigkeit. Voraussetzungen der Zusammenrechnung der Versicherungs- oder Beschäftigungszeiten. Nationale Maßnahme, die die Zeit eines in einem anderen Mitgliedstaat abgeleisteten Pflichtwehrdienstes nicht berücksichtigt
Beteiligte
Tenor
1. Artikel 13 Absatz 2 Buchstabe f der Verordnung Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Systeme der sozialen Sicherheit auf Arbeitnehmer, Selbständige und deren Familienangehörige, die innerhalb der Gemeinschaft zu- und abwandern, in der durch die Verordnung (EWG) Nr. 2001/83 des Rates vom 2. Juni 1983 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung (EWG) Nr. 2195/91 des Rates vom 25. Juni 1991, ist dahin auszulegen, dass eine Person, die in einem Mitgliedstaat wohnt und dort arbeitslos ist, nachdem sie ihren Pflichtwehrdienst in einem anderen Mitgliedstaat abgeleistet hat, den Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats unterliegt.
Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der geänderten Verordnung Nr. 1408/71 ist dahin auszulegen, dass er eine Sondervorschrift darstellt, die die Bestimmung der im Bereich der Leistungen bei Arbeitslosigkeit anzuwendenden Rechtsvorschriften betrifft, so dass die in diesem Artikel bezeichneten Rechtsvorschriften anzuwenden sind, wenn die Voraussetzungen seiner Anwendung erfüllt sind.
Dem nationalen Gericht obliegt es, festzustellen, ob im Ausgangsverfahren die Voraussetzungen für die Anwendung des Artikels 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii erfüllt sind.
Sollten im Ausgangsverfahren die Voraussetzungen für die Anwendung von Artikel 71 Absatz 1 Buchstabe b Ziffer ii der geänderten Verordnung Nr. 1408/71 erfüllt sein, wären auf eine Person, die in einem Mitgliedstaat wohnt und dort arbeitslos ist, nachdem sie ihren Pflichtwehrdienst in einem anderen Mitgliedstaat abgeleistet hat, nach dieser Vorschrift ebenfalls die Rechtsvorschriften des Wohnmitgliedstaats anzuwenden.
2. Die Zeit eines Pflichtwehrdienstes in einem anderen Mitgliedstaat stellt eine „Beschäftigungs[zeit], die als Arbeitnehmer nach den Rechtsvorschriften [dieses] anderen Mitgliedstaats zurückgelegt [wurde]”, im Sinne von Artikel 67 Absatz 1 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, dar, wenn sie nach den Rechtsvorschriften dieses anderen Mitgliedstaats als solche bestimmt oder anerkannt oder nach diesen Rechtsvorschriften als eine einer Beschäftigungszeit gleichwertige Zeit gleichgestellt und anerkannt ist und der Betreffende während seines Wehrdienstes versichert im Sinne von Artikel 1 Buchstabe a der Verordnung war.
Die in Artikel 67 Absatz 3 der geänderten Verordnung Nr. 1408/71 genannte Voraussetzung, dass „die betreffende Person unmittelbar zuvor … Versicherungszeiten … nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt hat, nach denen die Leistungen beantragt werden”, steht der Verpflichtung zu einer Zusammenrechnung von Beschäftigungszeiten nur dann entgegen, wenn nach der letzten Versicherungszeit, die nach den Rechtsvorschriften zurückgelegt wurde, nach denen die Leistungen beantragt werden, eine Versicherungszeit in einem anderen Mitgliedstaat zurückgelegt wurde.
3. Artikel 3 der Verordnung Nr. 1408/71 in der durch die Verordnung Nr. 2001/83 aktualisierten Fassung, geändert durch die Verordnung Nr. 2195/91, schließt unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens nicht aus, dass ein zuständiger Träger im Rahmen der Prüfung des Anspruchs auf Leistungen bei Arbeitslosigkeit bei der Berechnung der zurückgelegten Versicherungszeiten die Zeit eines in einem anderen Mitgliedstaat abgeleisteten Pflichtwehrdienstes unberücksichtigt lässt.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG,
eingereicht vom Bundessozialgericht (Deutschland) mit Entscheidung vom 15. August 2002, beim Gerichtshof eingegangen am 16. Oktober 2002, in dem Verfahren
Roberto Adanez-Vega
gegen
Bundesanstalt für Arbeit
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter A. Rosas und S. von Bahr,
Generalanwalt: F. G. Jacobs,
Kanzler: R. Grass,
unter Berücksichtigung der schriftlichen Erklärungen
- von Herrn Adanez-Vega, vertreten durch J. López Lerma,
- der deutschen Regierung, vertreten durch M. Lumma als Bevollmächtigten,
- der portugiesischen Regierung, vertreten durch L. I. Fernandes und S. da Nóbrega Pizarro als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch H. Michard und H. Kreppel als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 25. März 2004,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Artikel 3, 13 Absatz 2, 67 und 71 der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 des Rates vom 14. Juni 1971 zur Anwendung der Syste...