Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Verbringung von Abfällen. Abfallbewirtschaftung. Grundsätze der Entsorgungsautarkie und der Nähe. Europäischer Abfallkatalog (EAK). Gemischte Siedlungsabfälle, die einer mechanischen Behandlung unterzogen wurden, die ihre Beschaffenheit nicht verändert
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 Art. 3 Abs. 5, Art. 11 Abs. 1 Buchst. i; Richtlinie 2008/98/EG Art. 16; Entscheidung 2000/532/EG
Beteiligte
Tenor
Art. 3 Abs. 5 und Art. 11 der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen sind dahin auszulegen, dass die zuständige Behörde am Versandort unter Berücksichtigung der Grundsätze der Entsorgungsautarkie und der Nähe einer Verbringung von gemischten Siedlungsabfällen, die nach einer im Hinblick auf ihre energetische Verwertung erfolgten mechanischen Behandlung, die ihre ursprünglichen Eigenschaften aber nicht wesentlich verändert hat, in den Abfallschlüssel 19 12 12 des Abfallverzeichnisses im Anhang der Entscheidung 2000/532/EG der Kommission vom 3. Mai 2000 zur Ersetzung der Entscheidung 94/3/EG über ein Abfallverzeichnis gemäß Artikel 1 Buchstabe a) der Richtlinie 75/442/EWG des Rates über Abfälle und der Entscheidung 94/904/EG des Rates über ein Verzeichnis gefährlicher Abfälle im Sinne von Artikel 1 Absatz 4 der Richtlinie 91/689/EWG über gefährliche Abfälle in der durch den Beschluss 2014/955/EU der Kommission vom 18. Dezember 2014 geänderten Fassung eingestuft wurden, unter Berufung u. a. auf den in Art. 11 Abs. 1 Buchst. i dieser Verordnung genannten Grund widersprechen kann.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Consiglio di Stato (Staatsrat, Italien) mit Entscheidung vom 10. Oktober 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Juli 2020, in dem Verfahren
Regione Veneto
gegen
Plan Eco Srl,
Beteiligte:
Futura Srl,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Achte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Siebten Kammer J. Passer (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Achten Kammer sowie der Richterin L. S. Rossi und des Richters N. Wahl,
Generalanwalt: A. Rantos,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. Palatiello, avvocato dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch L. Haasbeek, G. Gattinara und F. Thiran als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 17. Juni 2021
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 1013/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Verbringung von Abfällen (ABl. 2006, L 190, S. 1) und der Richtlinie 2008/98/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. November 2008 über Abfälle und zur Aufhebung bestimmter Richtlinien (ABl. 2008, L 312, S. 3).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Regione Veneto (Region Venetien, Italien) und der Plan Eco Srl über die Verbringung von Abfällen zwischen Mitgliedstaaten.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 1013/2006
Rz. 3
Art. 2 („Begriffsbestimmungen”) der Verordnung Nr. 1013/2006 sieht vor:
„Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck:
…
19. ‚zuständige Behörde am Versandort’ die zuständige Behörde des Gebiets, von dem aus die Verbringung beginnen soll oder beginnt;
20. ‚zuständige Behörde am Bestimmungsort’ die zuständige Behörde des Gebiets, in das die Verbringung erfolgen soll oder erfolgt oder in dem Abfälle vor der Verwertung oder Beseitigung in einem Gebiet, das nicht der Gerichtsbarkeit eines Staates unterliegt, verladen werden;
…”.
Rz. 4
Art. 3 Abs. 5 dieser Verordnung sieht vor:
„Die Verbringung von gemischten Siedlungsabfällen (Abfallschlüssel 20 03 01), die in privaten Haushaltungen eingesammelt worden sind – einschließlich wenn dabei auch solche Abfälle anderer Erzeuger eingesammelt werden –, zu Verwertungs- oder Beseitigungsanlagen unterliegt gemäß dieser Verordnung den gleichen Bestimmungen wie die Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen.”
Rz. 5
In Art. 11 („Einwände gegen die Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen”) der Verordnung heißt es:
„(1) Bei der Notifizierung einer geplanten Verbringung von zur Beseitigung bestimmten Abfällen können die zuständigen Behörden am Bestimmungsort und am Versandort innerhalb einer Frist von 30 Tagen ab dem Zeitpunkt der Übermittlung der Empfangsbestätigung durch die zuständige Behörde am Bestimmungsort gemäß Artikel 8 im Einklang mit dem Vertrag begründete Einwände erheben, die sich auf einen oder mehrere der folgenden Gründe stützen:
a) Die geplante Verbringung oder Beseitigung würde nicht im Einklang mit Maßnahmen stehen, die zur Umsetzung der Grundsätze der Nähe, des Vorr...