Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtsmittel. Staatliche Beihilfen. Vorzugspreis für ein Grundstück. Entscheidung der Kommission. Rückforderung einer mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbaren Beihilfe. Aktualisierter Wert der Beihilfe. Zinseszinssatz. Fehlen einer Begründung. Vollständige Nichtigerklärung. Zulässigkeit

 

Beteiligte

Kommission / Département du Loiret

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Département du Loiret

 

Tenor

1. Das Urteil des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 29. März 2007, Département du Loiret/Kommission (T-369/00), wird aufgehoben.

2. Die Rechtssache wird an das Gericht erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften zurückverwiesen.

3. Die Kostenentscheidung bleibt vorbehalten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Rechtsmittel nach Art. 56 der Satzung des Gerichtshofs, eingelegt am 20. Juni 2007,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch J. Flett als Bevollmächtigten, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Rechtsmittelführerin,

andere Verfahrensbeteiligte:

Département du Loiret, vertreten durch A. Carnelutti, avocat,

Klägerin im ersten Rechtszug,

Scott SA mit Sitz in Saint-Cloud (Frankreich), Prozessbevollmächtigte: J. Lever, QC, J. Gardner und G. Peretz, Barristers, beauftragt durch R. Griffith und M. Papadakis, Solicitors,

Streithelferin im ersten Rechtszug,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten P. Jann (Berichterstatter) sowie der Richter M. ilešič, A. Tizzano, A. Borg Barthet und J.-J. Kasel,

Generalanwalt: P. Mengozzi,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 5. Juni 2008

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Mit ihrem Rechtsmittel beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Aufhebung des Urteils des Gerichts erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften vom 29. März 2007, Département du Loiret/Kommission (T-369/00, Slg. 2007, II-851, im Folgenden: angefochtenes Urteil), mit dem dieses die Entscheidung 2002/14/EG der Kommission vom 12. Juli 2000 betreffend die von Frankreich zugunsten von Scott Paper SA/Kimberly-Clark gewährte staatliche Beihilfe (ABl. 2002, L 12, S. 1, im Folgenden: streitige Entscheidung) für nichtig erklärt hat, soweit diese Entscheidung die Beihilfe betrifft, die in Form des in ihrem Art. 1 genannten Vorzugspreises für ein Grundstück gewährt wurde.

Rechtlicher Rahmen

Verordnung (EG) Nr. 659/1999

Rz. 2

Die Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [88] des EG-Vertrags (ABl. L 83, S. 1) sieht in Art. 14 mit der Überschrift „Rückforderung von Beihilfen” Folgendes vor:

„(1) In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern (nachstehend ‚Rückforderungsentscheidung’ genannt). Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.

(2) Die aufgrund einer Rückforderungsentscheidung zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.

(3) Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofs … nach Artikel [242] des Vertrags erfolgt die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des Gemeinschaftsrechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen.”

Die Mitteilung über die bei der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen anzuwendenden Zinssätze

Rz. 3

In ihrer Mitteilung 2003/C 110/08 vom 8. Mai 2003 über die bei der Rückforderung rechtswidrig gewährter Beihilfen anzuwendenden Zinssätze (ABl. C 110, S. 21, im Folgenden: Mitteilung von 2003) führt die Kommission aus:

„…

[Es] stellte sich die Frage, ob der Zinssatz nach der Zins- oder der Zinseszinsformel zu berechnen ist … Die Kommission erachtet es daher für dringend notwendig, diesen Punkt … zu klären.

Trotz der Unterschiedlichkeit der konkreten Fälle liegt die Wirkung einer rechtswidrigen Beihilfe … darin, dem Begünstigten Mittel zu ähnlichen Bedingungen wie ein mittelfristiges zinsfreies Darlehen zur Verfügung zu stellen. Infolgedessen erscheint die Anwendung der Zinseszinsmethode notwendig, um sicherzustellen, dass die mit der Beihilfe verbundenen finanziellen Vorteile vollständig neutralisiert werden.

Dem entsprechend teilt die Kommission den Mitgliedstaaten und sonstigen Betroffenen mit, dass sie in künftigen Entschei...

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