Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Staatliche Beihilfen. Urteil des Gerichtshofs, mit dem eine Vertragsverletzung festgestellt wird. Einrede der Unzulässigkeit. Nichtdurchführung. Finanzielle Sanktionen
Normenkette
EG Art. 228 Abs. 2; AEUV Art. 260 Abs. 2
Beteiligte
Tenor
1. Das Königreich Spanien hat dadurch gegen seine Verpflichtungen aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen, dass es bei Ablauf der Frist, die in dem ergänzenden Mahnschreiben gesetzt worden war, das die Europäische Kommission gemäß Art. 260 Abs. 2 AEUV am 18. März 2010 versandt hatte, nicht alle Maßnahmen getroffen hatte, die sich aus dem Urteil vom 2. Juli 2002, Kommission/Spanien (C-499/99), ergeben, das sich insbesondere auf die Rückforderung der mit der Entscheidung 91/1/EWG der Kommission vom 20. Dezember 1989 über Beihilfen der Zentralregierung und einiger autonomer Regierungen Spaniens für MAGEFESA, Hersteller von Haushaltsartikeln aus rostfreiem Stahl und kleinen Elektrogeräten, für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärten Beihilfen von der Industrias Domésticas, S.A., bezieht.
2. Das Königreich Spanien wird verurteilt, an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union” ein Zwangsgeld in Höhe von 50 000 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung der Maßnahmen zu zahlen, die erforderlich sind, um dem Urteil Kommission/Spanien nachzukommen, und zwar ab der Verkündung des vorliegenden Urteils bis zur Durchführung des angeführten Urteils Kommission/Spanien.
3. Das Königreich Spanien wird verurteilt, an die Europäische Kommission auf das Konto „Eigenmittel der Europäischen Union” einen Pauschalbetrag von 20 Mio. Euro zu zahlen.
4. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.
5. Die Tschechische Republik trägt ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 260 Abs. 2 AEUV, eingereicht am 22. Dezember 2010,
Europäische Kommission, vertreten durch B. Stromsky und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte,
Beklagter,
unterstützt durch
Tschechische Republik, vertreten durch M. Smolek, D. Hadroušek und J. Očková als Bevollmächtigte,
Streithelferin,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Große Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten V. Skouris, des Vizepräsidenten K. Lenaerts, der Kammerpräsidenten A. Tizzano, M. Ilešič, T. von Danwitz und J. Malenovský, der Richter U. Lõhmus, E. Levits, A. Ó Caoimh, J.-C. Bonichot und A. Arabadjiev (Berichterstatter), der Richterin C. Toader und des Richters J.-J. Kasel,
Generalanwalt: J. Mazák,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 12. Juni 2012,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 6. September 2012
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission,
- festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch gegen seine Verpflichtungen aus der Entscheidung 91/1/EWG der Kommission vom 20. Dezember 1989 über Beihilfen der Zentralregierung und einiger autonomer Regierungen Spaniens für MAGEFESA, Hersteller von Haushaltsartikeln aus rostfreiem Stahl und kleinen Elektrogeräten (ABl. 1991, L 5, S. 18, im Folgenden: Entscheidung 91/1), und aus Art. 260 Abs. 1 AEUV verstoßen hat, dass es nicht alle Maßnahmen getroffen hat, die sich aus dem Urteil des Gerichtshofs vom 2. Juli 2002, Kommission/Spanien (C-499/99, Slg. 2002, I-6031), in Bezug auf die Rückforderung der Beihilfen ergeben, die mit dieser Entscheidung für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärt worden sind,
- das Königreich Spanien zu verurteilen, an die Kommission ab der Verkündung des Urteils in der vorliegenden Rechtssache bis zur Durchführung des Urteils Kommission/Spanien ein Zwangsgeld von 131 136 Euro für jeden Tag des Verzugs bei der Durchführung des Urteils Kommission/Spanien zu zahlen,
- das Königreich Spanien zu verurteilen, an die Kommission einen Pauschalbetrag in Höhe des Ergebnisses der Multiplikation eines Tagessatzes von 14 343 Euro mit der Zahl der Tage der Fortdauer des Verstoßes, die zwischen der Verkündung des Urteils Kommission/Spanien und des Urteils in der vorliegenden Rechtssache bzw. dem Tag liegen, an dem der Mitgliedstaat seinen Verstoß beendet hat, zu zahlen und
- dem Königreich Spanien die Kosten aufzuerlegen.
I – Vorgeschichte des Rechtsstreits
Rz. 2
Am 20. Dezember 1989 erließ die Kommission die Entscheidung 91/1, mit der sie die Beihilfen der spanischen Zentralregierung und einiger autonomer Regionalregierungen an Unternehmen der Magefesa-Gruppe in Form von Darlehensbürgschaften, eines Darlehens zu nicht marktüblichen Bedingungen, verlorenen Zuschüssen und Zinszuschüssen für rechtswidrig und mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar erklärte.
Rz. 3
Die Magefesa-Gruppe besteht, soweit für die vorliegende...