Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbare staatliche Beihilfen. Rückforderungspflicht. Nichtdurchführung. Einrede der Unzulässigkeit. Erstreckung der Rechtskraft eines früheren Urteils des Gerichtshofs
Beteiligte
Tenor
1. Das Königreich Spanien hat dadurch, dass es innerhalb der gesetzten Frist nicht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um der Entscheidung 1999/509/EG der Kommission vom 14. Oktober 1998 über Beihilfen Spaniens für die Unternehmen der Magefesa-Gruppe und ihre Nachfolger hinsichtlich des Unternehmens Industrias Domésticas SA nachzukommen, gegen seine Verpflichtungen aus Art. 288 Abs. 4 AEUV und aus den Art. 2 und 3 der genannten Entscheidung verstoßen.
2. Das Königreich Spanien trägt die Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 108 Abs. 2 Unterabs. 2 AEUV, eingereicht am 18. Dezember 2009,
Europäische Kommission, vertreten durch L. Flynn und C. Urraca Caviedes als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Königreich Spanien, vertreten durch N. Díaz Abad als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Beklagter,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Tizzano sowie der Richter A. Borg Barthet, M. Ilešič, J.-J. Kasel (Berichterstatter) und der Richterin M. Berger,
Generalanwältin: V. Trstenjak,
Kanzler: M. Ferreira, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 4. Juli 2012,
aufgrund des nach Anhörung der Generalanwältin ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Europäische Kommission, festzustellen, dass das Königreich Spanien dadurch, dass es nicht fristgerecht die erforderlichen Maßnahmen ergriffen hat, um der Entscheidung 1999/509/EG der Kommission vom 14. Oktober 1998 über Beihilfen Spaniens für die Unternehmen der Magefesa-Gruppe und ihre Nachfolger (ABl. 1999, L 198, S. 15) hinsichtlich des Unternehmens Industrias Domésticas SA (Indosa) nachzukommen, gegen seine Verpflichtungen aus Art. 288 Abs. 4 AEUV und aus den Art. 2 und 3 der genannten Entscheidung verstoßen hat.
Rechtlicher Rahmen
Rz. 2
Der 13. Erwägungsgrund der Verordnung (EG) Nr. 659/1999 des Rates vom 22. März 1999 über besondere Vorschriften für die Anwendung von Artikel [108 AEUV] (ABl. L 83, S. 1) lautet:
„Bei rechtswidrigen Beihilfen, die mit dem Gemeinsamen Markt nicht vereinbar sind, muss wirksamer Wettbewerb wiederhergestellt werden. Dazu ist es notwendig, die betreffende Beihilfe einschließlich Zinsen unverzüglich zurückzufordern. Die Rückforderung hat nach den Verfahrensvorschriften des nationalen Rechts zu erfolgen. Die Anwendung dieser Verfahren sollte jedoch die Wiederherstellung eines wirksamen Wettbewerbs durch Verhinderung der sofortigen und tatsächlichen Vollstreckung der Kommissionsentscheidung nicht erschweren. Um zu diesem Ergebnis zu gelangen, sollten die Mitgliedstaaten alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung der Wirksamkeit der Kommissionsentscheidung treffen.”
Rz. 3
Art. 14 („Rückforderung von Beihilfen”) der Verordnung bestimmt:
„(1) In Negativentscheidungen hinsichtlich rechtswidriger Beihilfen entscheidet die Kommission, dass der betreffende Mitgliedstaat alle notwendigen Maßnahmen ergreift, um die Beihilfe vom Empfänger zurückzufordern … Die Kommission verlangt nicht die Rückforderung der Beihilfe, wenn dies gegen einen allgemeinen Grundsatz des Gemeinschaftsrechts verstoßen würde.
(2) Die aufgrund einer Rückforderungsentscheidung zurückzufordernde Beihilfe umfasst Zinsen, die nach einem von der Kommission festgelegten angemessenen Satz berechnet werden. Die Zinsen sind von dem Zeitpunkt, ab dem die rechtswidrige Beihilfe dem Empfänger zur Verfügung stand, bis zu ihrer tatsächlichen Rückzahlung zahlbar.
(3) Unbeschadet einer Entscheidung des Gerichtshofes [der Europäischen Union] nach Artikel [278 AEUV] erfolgt die Rückforderung unverzüglich und nach den Verfahren des betreffenden Mitgliedstaats, sofern hierdurch die sofortige und tatsächliche Vollstreckung der Kommissionsentscheidung ermöglicht wird. Zu diesem Zweck unternehmen die betreffenden Mitgliedstaaten im Fall eines Verfahrens vor nationalen Gerichten unbeschadet des Gemeinschaftsrechts alle in ihren jeweiligen Rechtsordnungen verfügbaren erforderlichen Schritte einschließlich vorläufiger Maßnahmen.”
Rz. 4
Art. 23 Abs. 1 der Verordnung Nr. 659/1999 sieht vor:
„Kommt der betreffende Mitgliedstaat mit Bedingungen und Auflagen verbundenen Entscheidungen oder Negativentscheidungen, insbesondere in den in Artikel 14 genannten Fällen, nicht nach, so kann die Kommission nach Artikel [108 Abs. 2 AEUV] den Gerichtshof … unmittelbar anrufen.”
Vorgeschichte des Rechtsstreits
Sachverhalt
Rz. 5
Magefesa ist eine Gruppe spanischer Industrieunternehmen, die Haushaltsgeräte herstellen.
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