Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Elektronische Kommunikationsnetze und -dienste. Bereitstellung eines elektronischen Kommunikationsnetzes. Begriff- Pflicht zur Übertragung bestimmter Hörfunk- und Fernsehkanäle. Anbieter eines Satellitenkanalpakets. Zumutbare Übertragungspflichten. Voraussetzungen. Verhältnismäßigkeit
Normenkette
AEUV Art. 56; Richtlinie 2002/21/EG (Rahmenrichtlinie) Art. 2 Buchst. m; Richtlinie 2002/22/EG (Universaldienstrichtlinie) Art. 31 Abs. 1
Beteiligte
Lietuvos radijo ir televizijos komisija |
Tenor
1. Art. 2 Buchst. m der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass eine Tätigkeit der Weiterverbreitung von Fernsehprogrammen über Satellitennetze Dritter nicht unter den Begriff der „Bereitstellung eines elektronischen Kommunikationsnetzes” im Sinne dieser Bestimmung fällt.
2. Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) ist dahin auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten nicht verwehrt, Unternehmen, die durch ein Zugangskontrollsystem geschützte Fernsehprogramme über Satellitennetze Dritter weiterverbreiten und ihren Kunden Fernsehprogrammpakete anbieten, eine Pflicht zur Übertragung eines Fernsehprogramms aufzuerlegen.
3. Art. 56 AEUV ist dahin auszulegen, dass er es den Mitgliedstaaten nicht verwehrt, Unternehmen, die durch ein Zugangskontrollsystem geschützte Fernsehprogramme über Satellitennetze Dritter weiterverbreiten und ihren Kunden Fernsehprogrammpakete anbieten, eine Pflicht zur kostenfreien Übertragung eines Fernsehkanals aufzuerlegen, sofern zum einen diese Übertragungspflicht einer erheblichen Zahl oder einem erheblichen Prozentsatz von Endnutzern aller Mittel zur Übertragung der Fernsehprogramme den Zugang zu dem Kanal ermöglicht, dem diese Verpflichtung zugutekommt, und zum anderen die geografische Verteilung der Endnutzer der von dem Wirtschaftsteilnehmer, dem diese Übertragungspflicht auferlegt wird, erbrachten Dienste, der Umstand, dass dieser Wirtschaftsteilnehmer den Kanal unverschlüsselt weiterverbreitet, und der Umstand, dass der Kanal kostenfrei über das Internet sowie über das terrestrische Fernsehnetz zugänglich ist, berücksichtigt werden; dies zu prüfen, ist Sache des vorlegenden Gerichts.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Lietuvos vyriausiasis administracinis teismas (Oberstes Verwaltungsgericht von Litauen) mit Entscheidung vom 23. Januar 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 7. Februar 2019, in dem Verfahren
TV Play Baltic AS
gegen
Lietuvos radijo ir televizijos komisija,
Beteiligte:
Lietuvos nacionalinis radijas ir televizija Všļ,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Neunte Kammer)
unter Mitwirkung des Präsidenten der Vierten Kammer M. Vilaras (Berichterstatter) in Wahrnehmung der Aufgaben des Präsidenten der Neunten Kammer, der Richterin K. Jürimäe und des Richters N. Piçarra,
Generalanwalt: G. Pitruzzella,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der TV Play Baltic AS, vertreten durch L. Darulienė, advokatė, sowie R. Gediminskaitė und I. Barauskienė,
- der litauischen Regierung, vertreten durch R. Dzikovič, K. Dieninis und K. Juodelytė als Bevollmächtigte,
- der französischen Regierung, vertreten durch A.-L. Desjonquères und R. Coesme als Bevollmächtigte,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch S. L. Kalėda und L. Nicolae als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft insbesondere die Auslegung von Art. 2 Buchst. m der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 33, im Folgenden: Rahmenrichtlinie) und Art. 31 Abs. 1 der Richtlinie 2002/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten (Universaldienstrichtlinie) (ABl. 2002, L 108, S. 51) in ihrer durch die Richtlinie 2009/136/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten, der Richtlinie 2002/58/EG über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation und der Verordnung (EG) Nr. 2006/2004 über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (ABl....