Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesundheitspolizei. Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien. Tötung von Geburtskohorten. Verhältnismäßigkeit
Beteiligte
Agrarproduktion Staebelow |
Agrarproduktion Staebelow GmbH |
Landrat des Landkreises Bad Doberan |
Tenor
Die Prüfung der vorgelegten Frage hat nichts ergeben, was die Gültigkeit des Artikels 13 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c der Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1326/2001 der Kommission vom 29. Juni 2001 mit Übergangsmaßnahmen zur Erleichterung des Übergangs zur Verordnung Nr. 999/2001 sowie zur Änderung der Anhänge VII und XI dieser Verordnung in Verbindung mit Anhang VII Nummern 2 Buchstabe a und 1 Buchstabe a dritter Gedankenstrich dieser Verordnung im Hinblick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beeinträchtigen könnte.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Artikel 234 EG, eingereicht vom Verwaltungsgericht Schwerin (Deutschland) mit Entscheidung vom 9. Januar 2004, beim Gerichtshof eingegangen am 8. Dezember 2004, in dem Verfahren
Agrarproduktion Staebelow GmbH
gegen
Landrat des Landkreises Bad Doberan
erlässt
DER GERICHTSHOF (Dritte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten A. Rosas (Berichterstatter) sowie der Richter J. Malenovský, A. La Pergola, A. Borg Barthet und A. Ó Caoimh,
Generalanwalt: M. Poiares Maduro,
Kanzler: B. Fülöp, Verwaltungsrat,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 19. Oktober 2005,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Agrarproduktion Staebelow GmbH, vertreten durch Behr & Partner, Rechtsanwälte, und C. Columbus, Rechtsanwältin,
- der griechischen Regierung, vertreten durch V. Kontolaimos, S. Papaioannou und M. Tassopoulou als Bevollmächtigte,
- der niederländischen Regierung, vertreten durch H. G. Sevenster als Bevollmächtigte,
- des Europäischen Parlaments, vertreten durch G. Mazzini und U. Rösslein als Bevollmächtigte,
- des Rates der Europäischen Union, vertreten durch F. Ruggeri Laderchi und Z. Kupcová als Bevollmächtigte,
- der Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch A. Bordes und F. Erlbacher als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Frage, ob die Verpflichtung zur Tötung der Kohorte, der ein Rind angehört, bei dem die bovine spongiforme Enzephalopathie (im Folgenden: BSE) festgestellt wurde, im Hinblick auf das Übermaßverbot gültig ist.
2 Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Agrarproduktion Staebelow GmbH (im Folgenden: Klägerin) und dem Landrat des Landkreises Bad Doberan (im Folgenden: Beklagter) wegen der Tötung von 52 zum Bestand der Klägerin gehörenden Tieren.
Gemeinschaftsrecht
3 Die Verordnung (EG) Nr. 999/2001 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2001 mit Vorschriften zur Verhütung, Kontrolle und Tilgung bestimmter transmissibler spongiformer Enzephalopathien (ABl. L 147, S. 1) wurde auf der Grundlage von Artikel 152 Absatz 4 Buchstabe b EG erlassen, der abweichend von Artikel 37 EG ein Verfahren zum Erlass von Maßnahmen in den Bereichen Veterinärwesen und Pflanzenschutz, die unmittelbar den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung zum Ziel haben, vorsieht
4 Diese Verordnung fasst einen großen Teil der Maßnahmen zusammen, die die Europäische Gemeinschaft seit 1990 gestützt auf die Schutzklauseln der Richtlinien zur Regelung der Veterinärkontrollen erlassen hat, um die Gesundheit von Mensch und Tier gegen BSE zu schützen.
5 Die vierte Begründungserwägung dieser Verordnung lautet wie folgt:
„Die Kommission hat insbesondere beim Wissenschaftlichen Lenkungsausschuss und beim Wissenschaftlichen Ausschuss für Veterinärmaßnahmen im Zusammenhang mit der Gesundheit der Bevölkerung wissenschaftliche Gutachten zu verschiedenen … Aspekten [transmissibler spongiformer Enzephalopathien (TSE)] eingeholt. Einige dieser Gutachten betreffen Maßnahmen, die die potenzielle Gesundheitsgefährdung von Mensch und Tier durch den Kontakt mit Produkten infizierter Tiere mindern sollen.”
6 Die Verpflichtung zur Tötung der Kohorte, zu der ein infiziertes Rind gehört, folgt aus Artikel 13 Absatz 1 Satz 1 Buchstabe c der Verordnung Nr. 999/2001 in Verbindung mit Anhang VII Nummer 2 Buchstabe a dieser Verordnung. Der Begriff der Kohorte wiederum ist in Anhang I Buchstabe c der Verordnung definiert.
7 Artikel 13 der Verordnung Nr. 999/2001 bestimmt:
„(1) Bei amtlicher Bestätigung eines TSE-Falls werden unverzüglich folgende Maßnahmen getroffen:
- Alle Körperteile des Tieres, mit Ausnahme des für die Aufzeichnungen gemäß Anhang III Kapitel B Abschnitt III Nummer 2 aufbewahrten Materials, werden gemäß Anhang V vo...