Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Umwelt. Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme. Erlass. Festlegung der Erhaltungsziele für das Natura-2000-Netz gemäß der Richtlinie 92/43/EWG. Begriff ‚Pläne und Programme’. Verpflichtung zur Vornahme einer Umweltprüfung

 

Normenkette

Richtlinie 2001/42/EG; Richtlinie 92/43/EWG

 

Beteiligte

Terre wallonne

Terre wallonne ASBL

Région wallonne

 

Tenor

Art. 3 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme ist dahin auszulegen, dass ein Erlass wie der im Ausgangsverfahren, mit dem ein Organ eines Mitgliedstaats auf regionaler Ebene Erhaltungsziele mit Richtwertcharakter für sein Natura-2000-Netz festlegt, während den Erhaltungszielen auf Gebietsebene Vorschriftscharakter zukommt, nicht zu den „Plänen und Programmen” im Sinne dieser Richtlinie zählt, für die eine Prüfung der Umweltauswirkungen vorgeschrieben ist.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Conseil d’État (Staatsrat, Belgien) mit Entscheidung vom 2. Mai 2018, beim Gerichtshof eingegangen am 9. Mai 2018, in dem Verfahren

Terre wallonne ASBL

gegen

Région wallonne

erlässt

DER GERICHTSHOF (Erste Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J.-C. Bonichot sowie der Richterin C. Toader (Berichterstatterin) und der Richter A. Rosas, L. Bay Larsen und M. Safjan,

Generalanwältin: J. Kokott,

Kanzler: V. Giacobbo-Peyronnel, Verwaltungsrätin,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 13. Dezember 2018,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • der Terre wallonne ASBL, vertreten durch A. Lebrun, avocat,
  • der Région wallonne, vertreten durch P. C. Moërynck, avocat,
  • der belgischen Regierung, vertreten durch M. Jacobs, C. Pochet und P. Cottin als Bevollmächtigte im Beistand von P. Moërynck, G. Shaiko und J. Bouckaert, avocats,
  • der tschechischen Regierung, vertreten durch M. Smolek, J. Vláčil und L. Dvořáková als Bevollmächtigte,
  • von Irland, vertreten durch M. Browne, G. Hodge und A. Joyce als Bevollmächtigte im Beistand von C. Toland, SC, und M. Gray, BL,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Hermes, M. Noll-Ehlers und F. Thiran als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge der Generalanwältin in der Sitzung vom 24. Januar 2019

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 3 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme (ABl. 2001, L 197, S. 30, im Folgenden: SUP-Richtlinie).

Rz. 2

Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Terre Wallonne ASBL und der Région wallonne (Region Wallonien, Belgien) über die Gültigkeit des Arrêté du gouvernement de la Région wallonne du 1er décembre 2016, fixant les objectifs de conservation pour le réseau Natura 2000 (Erlass der Regierung der Region Wallonien vom 1. Dezember 2016 zur Festlegung der Erhaltungsziele für das Natura-2000-Netz) (Moniteur belge vom 22. Dezember 2016, S. 88148, im Folgenden: Erlass vom 1. Dezember 2016).

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

SUP-Richtlinie

Rz. 3

Der vierte Erwägungsgrund der SUP-Richtlinie lautet:

„Die Umweltprüfung ist ein wichtiges Werkzeug zur Einbeziehung von Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme bestimmter Pläne und Programme, die erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt in den Mitgliedstaaten haben können. Denn sie gewährleistet, dass derartige Auswirkungen aus der Durchführung von Plänen und Programmen bei der Ausarbeitung und vor der Annahme berücksichtigt werden.”

Rz. 4

Art. 1 „Ziele”) dieser Richtlinie sieht vor:

„Ziel dieser Richtlinie ist es, im Hinblick auf die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ein hohes Umweltschutzniveau sicherzustellen und dazu beizutragen, dass Umwelterwägungen bei der Ausarbeitung und Annahme von Plänen und Programmen einbezogen werden, indem dafür gesorgt wird, dass bestimmte Pläne und Programme, die voraussichtlich erhebliche Umweltauswirkungen haben, entsprechend dieser Richtlinie einer Umweltprüfung unterzogen werden.”

Rz. 5

Art. 2 der Richtlinie bestimmt:

„Im Sinne dieser Richtlinie bezeichnet der Ausdruck

  1. ‚Pläne und Programme’ Pläne und Programme, einschließlich der von der Europäischen [Union] mitfinanzierten, sowie deren Änderungen,

    • die von einer Behörde auf nationaler, regionaler oder lokaler Ebene ausgearbeitet und/oder angenommen werden oder die von einer Behörde für die Annahme durch das Parlament oder die Regierung im Wege eines Gesetzgebungsverfahrens ausgearbeitet werden und
    • die aufgrund von Rechts- oder Verwaltungsvorschriften erstellt werden müssen;
  2. ‚Umweltprüfung’ die Ausarbeitung eines Umweltberichts, die Durchführung von Konsultationen, die Berücksichtigung des Umweltberichts und der Ergebnisse der Konsultationen bei der Entscheidungsfindung und...

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