Entscheidungsstichwort (Thema)
ERSUCHEN UM VORABENTSCHEIDUNG, VORGELEGT VON DER COUR DE CASSATION. NIEDERLASSUNGSFREIHEIT – ZUGANG ZUM BERUF DES RECHTSANWALTS. 1. FREIZUEGIGKEIT – NIEDERLASSUNGSFREIHEIT – ARTIKEL 52 EWG-VERTRAG – UNMITTELBARE WIRKUNG – NICHTERLASS VON RICHTLINIEN – KEINE AUSWIRKUNG (EWG-VERTRAG, ARTIKEL 52, 54 UND 57). 2. FREIZUEGIGKEIT – NIEDERLASSUNGSFREIHEIT – MEHRERE STÄTTEN FÜR DIE AUSÜBUNG EINER TÄTIGKEIT IM GEBIET DER GEMEINSCHAFT – FREIE BERUFE (EWG-VERTRAG, ARTIKEL 52). 3. FREIZUEGIGKEIT – NIEDERLASSUNGSFREIHEIT – RECHTSANWÄLTE – ZUGANG ZUM BERUF – ABLEHNUNG DER ZULASSUNG WEGEN BEIBEHALTUNG EINER KANZLEI IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT – UNVEREINBARKEIT MIT DEM VERTRAG (EWG-VERTRAG, ARTIKEL 52 FF.)
Leitsatz (amtlich)
1. ARTIKEL 52 ERLEGT, SOWEIT ER DAS ENDE DER ÜBERGANGSZEIT ALS ZEITPUNKT FÜR DIE HERSTELLUNG DER NIEDERLASSUNGSFREIHEIT BESTIMMT, EINE VERPFLICHTUNG AUF, DEREN ERGEBNIS KLAR UMRISSEN IST UND DEREN ERFÜLLUNG DURCH DIE VERWIRKLICHUNG PROGRAMMATISCH FESTGELEGTER, ABGESTUFTER MASSNAHMEN ZWAR ERLEICHTERT, NICHT ABER BEDINGT WERDEN SOLLTE. INFOLGEDESSEN LÄSST SICH GEGEN DIE UNMITTELBARE GELTUNG DIESER VERPFLICHTUNG NICHT DIE TATSACHE ANFÜHREN, DASS DER RAT NICHT ALLE IN DEN ARTIKELN 54 UND 57 VORGESEHENEN RICHTLINIEN ERLASSEN HAT.
2. DIE VORSCHRIFT IN ARTIKEL 52 EWG-VERTRAG, WONACH DIE SCHRITTWEISE AUFHEBUNG DER BESCHRÄNKUNGEN DER NIEDERLASSUNGSFREIHEIT AUCH FÜR DIE GRÜNDUNG VON AGENTUREN, ZWEIGNIEDERLASSUNGEN ODER TOCHTERGESELLSCHAFTEN DURCH ANGEHÖRIGE EINES MITGLIEDSTAATS GILT, DIE IM HOHEITSGEBIET EINES MITGLIEDSTAATS ANSÄSSIG SIND, MUSS ALS BESONDERER AUSDRUCK EINES ALLGEMEINEN GRUNDSATZES VERSTANDEN WERDEN, DER AUCH FÜR DIE FREIEN BERUFE GILT; DANACH UMFASST DAS NIEDERLASSUNGSRECHT AUCH DIE MÖGLICHKEIT, UNTER BEACHTUNG DER JEWEILIGEN BERUFSREGELUNGEN IM GEBIET DER GEMEINSCHAFT MEHR ALS EINE STÄTTE FÜR DIE AUSÜBUNG EINER TÄTIGKEIT EINZURICHTEN UND BEIZUBEHALTEN.
3. AUCH IN ERMANGELUNG EINER RICHTLINIE ZUR KOORDINIERUNG DER EINZELSTAATLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN ÜBER DEN ZUGANG ZUM RECHTSANWALTSBERUF UND DIE AUSÜBUNG DIESES BERUFS IST ES NACH ARTIKEL 52 FF. EWG-VERTRAG DEN ZUSTÄNDIGEN STELLEN EINES MITGLIEDSTAATS VERWEHRT, NACH DESSEN NATIONALEN RECHTSVORSCHRIFTEN UND DEN IN IHM GELTENDEN STANDESREGELN EINEM STAATSANGEHÖRIGEN EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS DAS RECHT AUF ZUGANG ZUM RECHTSANWALTSBERUF UND AUF AUSÜBUNG DIESES BERUFS NUR DESWEGEN ZU VERSAGEN, WEIL DER BETROFFENE GLEICHZEITIG EINE RECHTSANWALTSKANZLEI IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT UNTERHÄLT.
Normenkette
EWGVtr Art. 52, 54, 57, 52 FF
Beteiligte
Getreide-Import Gesellschaft |
Tenor
AUCH IN ERMANGELUNG EINER RICHTLINIE ZUR KOORDINIERUNG DER EINZELSTAATLICHEN RECHTSVORSCHRIFTEN ÜBER DEN ZUGANG ZUM RECHTSANWALTSBERUF UND DIE AUSÜBUNG DIESES BERUFS IST ES NACH ARTIKEL 52 FF. EWG-VERTRAG DEN ZUSTÄNDIGEN STELLEN EINES MITGLIEDSTAATS VERWEHRT, NACH DESSEN NATIONALEN RECHTSVORSCHRIFTEN UND DEN IN IHM GELTENDEN STANDESREGELN EINEM STAATSANGEHÖRIGEN EINES ANDEREN MITGLIEDSTAATS DAS RECHT AUF ZUGANG ZUM RECHTSANWALTSBERUF UND AUF AUSÜBUNG DIESES BERUFS NUR DESWEGEN ZU VERSAGEN, WEIL DER BETROFFENE GLEICHZEITIG EINE RECHTSANWALTSKANZLEI IN EINEM ANDEREN MITGLIEDSTAAT UNTERHÄLT.
Gründe
1 DIE FRANZÖSISCHE COUR DE CASSATION HAT MIT URTEIL VOM 3. MAI 1983, BEIM GERICHTSHOF EINGEGANGEN AM 6. JUNI 1983, GEMÄSS ARTIKEL 177 EWG-VERTRAG EINE FRAGE NACH DER AUSLEGUNG DER ARTIKEL 52 FF. EWG-VERTRAG IM HINBLICK AUF DEN ZUGANG ZUM RECHTSANWALTSBERUF ZUR VORABENTSCHEIDUNG VORGELEGT.
2 DIESE FRAGE STELLT SICH IN EINEM RECHTSSTREIT ZWISCHEN DEM ORDRE DES AVOCATS AU BARREAU DE PARIS UND DEM DEUTSCHEN RECHTSANWALT KLOPP, MITGLIED DER RECHTSANWALTSKAMMER DÜSSELDORF. LETZTERER HATTE SEINE ZULASSUNG ZUR VERTEIDIGUNG ALS RECHTSANWALT UND SEINE AUFNAHME IN DIE LISTE DER AUSZUBILDENDEN RECHTSANWÄLTE BEI DER RECHTSANWALTSKAMMER PARIS BEANTRAGT; DABEI HATTE ER ERKLÄRT, ER WOLLE RECHTSANWALT IN DÜSSELDORF BLEIBEN UND DORT EINEN WOHNSITZ UND EINE KANZLEI BEIBEHALTEN.
3 MIT BESCHLUSS VOM 17. MÄRZ 1981 LEHNTE DER CONSEIL DE L' ORDRE DES AVOCATS AU BARREAU DE PARIS DIESEN ANTRAG MIT DER BEGRÜNDUNG AB, HERR KLOPP ERFÜLLE ZWAR SÄMTLICHE SONSTIGEN VORAUSSETZUNGEN FÜR DIE ZULASSUNG ALS RECHTSANWALT, INSBESONDERE HINSICHTLICH DER PERSÖNLICHEN EIGNUNG UND DER ERFORDERLICHEN DIPLOME, GENÜGE JEDOCH NICHT DEN VORSCHRIFTEN VON ARTIKEL 83 DES DEKRETS NR. 72-468 (JOURNAL OFFICIEL DE LA REPUBLIQUE FRANCAISE VOM 11. 6. 1972) UND VON ARTIKEL 1 DER SATZUNG DER RECHTSANWALTSKAMMER PARIS, WONACH EIN RECHTSANWALT NUR EINE EINZIGE KANZLEI HABEN KÖNNE, UND ZWAR IM BEZIRK DES TRIBUNAL DE GRANDE INSTANCE, BEI DEM ER ZUGELASSEN SEI.
4 NACH ARTIKEL 83 DES GENANNTEN DEKRETS MUSS „DER RECHTSANWALT SEINE KANZLEI INNERHALB DES BEZIRKS DES TRIBUNAL DE GRANDE INSTANCE, BEI DEM ER ZUGELASSEN IST, EINRICHTEN”. ARTIKEL 1 DER SATZUNG DER RECHTSANWALTSKAMMER PARIS BESTIMMT, DASS „DER RECHTSANWALT BEI DER COUR DE PARIS … SEINEN BERUF TATSÄCHLICH AUSÜBEN (MUSS)”, DASS ...