Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Gerichtliche Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen. Geistiges Eigentum. Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Klage auf Feststellung der Nichtverletzung. Zuständigkeit der Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichte des Mitgliedstaats, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 44/2001; Verordnung (EG) Nr. 6/2002 Art. 81; Verordnung (EG) Nr. 6/2002 Art. 82
Beteiligte
Bayerische Motoren Werke AG |
Tenor
1. Art. 24 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen ist dahin auszulegen, dass eine Einrede der Unzuständigkeit des angerufenen Gerichts, die im ersten Verteidigungsschriftsatz hilfsweise gegenüber anderen in demselben Schriftsatz erhobenen prozessualen Einreden erhoben wird, nicht als Anerkennung der Zuständigkeit des angerufenen Gerichts angesehen werden kann und daher nicht zu einer Vereinbarung über die Zuständigkeit nach diesem Artikel führt.
2. Art. 82 der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster ist dahin auszulegen, dass Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern nach Art. 81 Buchst. b dieser Verordnung dann, wenn der Beklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, vor den Gemeinschaftsgeschmacksmustergerichten dieses Mitgliedstaats zu erheben sind, es sei denn, es liegt eine Vereinbarung über die Zuständigkeit im Sinne von Art. 23 oder Art. 24 der Verordnung Nr. 44/2001 vor, und vorbehaltlich der in diesen Verordnungen genannten Fälle der Rechtshängigkeit und der im Zusammenhang stehenden Verfahren.
3. Die in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 aufgestellte Zuständigkeitsregel findet auf Klagen auf Feststellung der Nichtverletzung von Gemeinschaftsgeschmacksmustern nach Art. 81 Buchst. b der Verordnung Nr. 6/2002 keine Anwendung.
4. Die in Art. 5 Nr. 3 der Verordnung Nr. 44/2001 aufgestellte Zuständigkeitsregel findet auf Anträge auf Feststellung eines Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung und eines unlauteren Wettbewerbs, die mit einer Klage auf Feststellung der Nichtverletzung eines Gemeinschaftsgeschmacksmusters im Zusammenhang stehen, keine Anwendung, soweit diesen Anträgen nur stattgegeben werden kann, wenn dieser Klage auf Feststellung der Nichtverletzung stattgegeben wird.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht von der Corte suprema di cassazione (Kassationsgerichtshof, Italien) mit Entscheidung vom 5. April 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 3. August 2016, in dem Verfahren
Bayerische Motoren Werke AG
gegen
Acacia Srl
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Ilešič (Berichterstatter), der Richterin A. Prechal, des Richters A. Rosas, der Richterin C. Toader und des Richters E. Jarašiūnas,
Generalanwalt: Y. Bot,
Kanzler: A. Calot Escobar,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- der Bayerische Motoren Werke AG, vertreten durch L. Trevisan und G. Cuonzo, avvocati,
- der Acacia Srl, vertreten durch F. Munari, A. Macchi und M. Esposito, avvocati,
- der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von S. Fiorentino und M. Santoro, avvocati dello Stato,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch C. Cattabriga und M. Wilderspin als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 2001, L 12, S. 1) und der Verordnung (EG) Nr. 6/2002 des Rates vom 12. Dezember 2001 über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster (ABl. 2002, L 3, S. 1).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Bayerische Motoren Werke AG (im Folgenden: BMW) mit Sitz in München (Deutschland) und der Acacia Srl (im Folgenden: Acacia) mit Sitz in Eboli (Italien) wegen der Bestimmung des für eine Klage von Acacia gegen BMW zuständigen Gerichts.
Rechtlicher Rahmen
Verordnung Nr. 44/2001
Rz. 3
Die Verordnung Nr. 44/2001 ist in den Beziehungen zwischen den Mitgliedstaaten an die Stelle des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) getreten. Sie ist ihrerseits durch die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entschei...