Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesundheitswesen. Vorlage zur Vorabentscheidung. Öffentliche Gesundheit. Nationale Regelung, nach der Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind, verpflichtet sind, sich impfen zu lassen. Freistellung ohne Entgeltfortzahlung von Beschäftigten, die den Impfstoff ablehnen. Humanarzneimittel. Covid-19-Impfstoffe. Gültigkeit der bedingten Zulassungen. Verbot der Ungleichbehandlung von geimpften und nicht geimpften Personen. Unzulässigkeit
Normenkette
Verordnung (EG) Nr. 726/2004; Verordnung (EG) Nr. 507/2006; Verordnung (EU) 2021/953
Beteiligte
Azienda Ospedale-Università di Padova |
Azienda Ospedale-Università di Padova |
Tenor
Das vom Tribunale ordinario di Padova (Gericht Padua, Italien) mit Entscheidung vom 7. Dezember 2021 eingereichte Vorabentscheidungsersuchen ist unzulässig.
Tatbestand
In der Rechtssache C-765/21
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Tribunale ordinario di Padova (Gericht Padua, Italien) mit Entscheidung vom 7. Dezember 2021, beim Gerichtshof eingegangen am 13. Dezember 2021, in dem Verfahren
D. M.
gegen
Azienda Ospedale-Università di Padova,
Beteiligter:
C. S.,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung der Kammerpräsidentin A. Prechal (Berichterstatterin), der Richterin M. L. Arastey Sahún, sowie der Richter F. Biltgen, N. Wahl und J. Passer,
Generalanwalt: M. Szpunar,
Kanzler: D. Dittert, Referatsleiter,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 18. Januar 2023,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- – von D. M., vertreten durch R. Martina, L. Minisci, A. Sinagra und A. Veneziano, Avvocati,
- – der Azienda Ospedale-Università di Padova, vertreten durch C. Cester, I. Gianesini, M. L. Miazzi, A. Rampazzo und C. Tomiola, Avvocati,
- – von C. S., vertreten durch P. Piva und F. Rossi Dal Pozzo, Avvocati,
- – der italienischen Regierung, vertreten durch G. Palmieri als Bevollmächtigte im Beistand von G. De Bellis und F. Urbani Neri, Avvocati dello Stato,
- – der Europäischen Kommission, vertreten durch G. Gattinara und A. Sipos als Bevollmächtigte,
aufgrund des nach Anhörung des Generalanwalts ergangenen Beschlusses, ohne Schlussanträge über die Rechtssache zu entscheiden,
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 507/2006 der Kommission vom 29. März 2006 über die bedingte Zulassung von Humanarzneimitteln, die unter den Geltungsbereich der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates fallen (ABl. 2006, L 92, S. 6), der Verordnung (EU) 2021/953 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2021 über einen Rahmen für die Ausstellung, Überprüfung und Anerkennung interoperabler Zertifikate zur Bescheinigung von COVID-19-Impfungen und -Tests sowie der Genesung von einer COVID-19-Infektion (digitales COVID-Zertifikat der EU) mit der Zielsetzung der Erleichterung der Freizügigkeit während der COVID-19-Pandemie (ABl. 2021, L 211, S. 1) und der Art. 3, 35 und 41 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (im Folgenden: Charta).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen D. M. und der Azienda Ospedale-Università di Padova (Universitätsklinikum Padua, Italien) (im Folgenden: Universitätsklinikum) wegen der Freistellung ohne Entgeltfortzahlung von D. M. als Krankenschwester im Universitätsklinikum wegen Verstoßes gegen die nationale Regelung, nach der Personen, die im Gesundheitswesen tätig sind, verpflichtet sind, sich impfen zu lassen.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Verordnung Nr. 507/2006
Rz. 3
Art. 1 der Verordnung Nr. 507/2006 bestimmt:
„Diese Verordnung enthält die Vorschriften für die Erteilung einer mit bestimmten Auflagen verbundenen Zulassung gemäß Artikel 14 Absatz 7 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 zur Festlegung der Verfahren der Union für die Genehmigung und Überwachung von Humanarzneimitteln und zur Errichtung einer Europäischen Arzneimittel-Agentur (ABl. 2004, L 136, S. 1)], nachstehend ‚bedingte Zulassung‘ genannt.“
Rz. 4
Art. 4 der Verordnung Nr. 507/2006 bestimmt:
„(1) Eine bedingte Zulassung kann erteilt werden, wenn der Ausschuss [für Humanarzneimittel] der Ansicht ist, dass alle folgenden Voraussetzungen erfüllt sind, obwohl keine umfassenden klinischen Daten über die Unbedenklichkeit und Wirksamkeit des Arzneimittels vorgelegt wurden:
a) Das in Artikel 1 Nummer 28a der Richtlinie 2001/83/EG [des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. 2001, L 311, S. 67)] definierte Nutzen-Risiko-Verhältnis des Arzneimittels ist positiv;
b) der Antragsteller ist voraussichtlich in der Lage, die umfassenden klinischen Daten nachzuliefern;
c) eine medizinische Versorgungslücke kann geschlossen werden;
d) der Nutzen für die öffentliche Gesundheit, den die sofortige Verfügb...