Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage zur Vorabentscheidung. Freizügigkeit. Beitrittsakte von 2003. Anhang XII Kapitel 2. Möglichkeit eines Mitgliedstaats, von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 und von Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG abzuweichen. Polnischer Staatsangehöriger, der einen Zeitraum von zwölf Monaten registrierter Erwerbstätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat nicht erfüllt hat
Normenkette
AEUV Art. 45; Richtlinie 2004/38/EG Art. 7 Abs. 3; Verordnung (EU) Nr. 492/2011 Art. 7 Abs. 2
Beteiligte
Secretary of State for Work and Pensions |
Tenor
Anhang XII Kapitel 2 der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge ist dahin auszulegen, dass es danach dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland während der darin vorgesehenen Übergangszeit gestattet war, einen polnischen Staatsangehörigen wie Herrn Prefeta, der nicht das innerstaatliche Erfordernis erfüllte, im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland für einen ununterbrochenen Zeitraum von zwölf Monaten eine registrierte Erwerbstätigkeit ausgeübt zu haben, von der Inanspruchnahme von Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG auszuschließen.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom Upper Tribunal (Administrative Appeals Chamber) (Gericht zweiter Instanz [Berufungskammer für Verwaltungssachen], Vereinigtes Königreich) mit Entscheidung vom 21. November 2016, beim Gerichtshof eingegangen am 29. November 2016, in dem Verfahren
Rafal Prefeta
gegen
Secretary of State for Work and Pensions
erlässt
DER GERICHTSHOF (Fünfte Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten J. L. da Cruz Vilaça, des Vizepräsidenten des Gerichtshofs A. Tizzano (Berichterstatter), der Richter E. Levits und A. Borg Barthet sowie der Richterin M. Berger,
Generalanwalt: M. Wathelet,
Kanzler: L. Hewlett, Hauptverwaltungsrätin,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens und auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2018,
unter Berücksichtigung der Erklärungen
- von Herrn Prefeta, vertreten durch J. Power, Solicitor, T. Royston, Barrister, und R. Drabble, QC,
- der Regierung des Vereinigten Königreichs, vertreten durch R. Fadoju und C. Crane als Bevollmächtigte im Beistand von K. Apps und D. Blundell, Barristers,
- der Europäischen Kommission, vertreten durch D. Martin und J. Tomkin als Bevollmächtigte,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 28. Februar 2018
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Anhang XII der Akte über die Bedingungen des Beitritts der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik und die Anpassungen der die Europäische Union begründenden Verträge (ABl. 2003, L 236, S. 33, im Folgenden: Beitrittsakte von 2003), von Art. 7 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. 2011, L 141, S. 1) sowie von Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2004/38/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über das Recht der Unionsbürger und ihrer Familienangehörigen, sich im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten frei zu bewegen und aufzuhalten, zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 und zur Aufhebung der Richtlinien 64/221/EWG, 68/360/EWG, 72/194/EWG, 73/148/EWG, 75/34/EWG, 75/35/EWG, 90/364/EWG, 90/365/EWG und 93/96/EWG (ABl. 2004, L 158, S. 77).
Rz. 2
Es ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen Herrn Rafal Prefeta und dem Secretary of State for Work and Pensions (Minister für Arbeit und Altersversorgung, Vereinigtes Königreich, im Folgenden: Minister) wegen dessen Weigerung, ihm eine einkommensabhängige Beschäftigungs- und Unterstützungsbeihilfe zu gewähren.
Rechtlicher Rahmen
Unionsrecht
Beitrittsakte von 2003
Rz. 3
Die Beitrittsakte von 2003 legt die Bedingungen für den Beitritt u. a. der Republik Polen zur Europäischen Union fest und sieht Anpassungen der Verträge vor.
Rz. 4
In Art. 1 zweiter und fünfter Gedankenstrich der Beitrittsakte heißt es:
„Im Sinne dieser Akte bedeutet
…
- der Ausdruck ‚derzeitige Mitgliedstaaten’ das König...