Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Elektronische Kommunikation. Netze und Dienste. Richtlinie 2002/19/EG (Zugangsrichtlinie). Art. 4 Abs. 1 und Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1. Nicht ordnungsgemäße Umsetzung
Beteiligte
Kommission der Europäischen Gemeinschaften |
Tenor
1. Die Republik Polen hat dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) verstoßen, dass sie Art. 4 Abs. 1 dieser Richtlinie nicht ordnungsgemäß umgesetzt hat.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Republik Polen tragen ihre eigenen Kosten.
Tatbestand
In der Rechtssache
betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Art. 226 EG, eingereicht am 8. Mai 2007,
Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch M. Shotter und K. Mojzesowicz als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,
Klägerin,
gegen
Republik Polen, vertreten zunächst durch E. Ośniecka-Tamecka und T. Nowakowski, dann durch M. Dowgielewicz als Bevollmächtigte,
Beklagte,
erlässt
DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)
unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans, der Richter K. Schiemann, P. Kūris (Berichterstatter) und L. Bay Larsen sowie der Richterin C. Toader,
Generalanwalt: D. Ruiz-Jarabo Colomer,
Kanzler: R. Grass,
aufgrund des schriftlichen Verfahrens,
nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. Juni 2008
folgendes
Urteil
Entscheidungsgründe
Rz. 1
Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften die Feststellung, dass die Republik Polen dadurch gegen ihre Verpflichtungen aus der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) (ABl. L 108, S. 7, im Folgenden: Zugangsrichtlinie) verstoßen hat, dass sie diese Richtlinie, insbesondere deren Art. 4 Abs. 1, der die Verpflichtung zum Verhandeln über eine Zusammenschaltung betrifft, und Art. 5 Abs. 1 Unterabs. 1, der die Befugnis der nationalen Regulierungsbehörde vorsieht, gemäß den Bestimmungen dieser Richtlinie einen angemessenen Zugang und eine geeignete Zusammenschaltung sowie die Interoperabilität der Dienste zu fördern und gegebenenfalls zu gewährleisten, nicht ordnungsgemäß in nationales Recht umgesetzt hat.
Rechtlicher Rahmen
Gemeinschaftsrecht
Rz. 2
Der sechste Erwägungsgrund der Zugangsrichtlinie lautet:
„Auf Märkten, auf denen manche Unternehmen weiterhin eine deutlich stärkere Verhandlungsposition einnehmen als andere und einige Unternehmen zur Erbringung ihrer Dienste auf die von anderen bereitgestellten Infrastrukturen angewiesen sind, empfiehlt es sich, einen Rahmen von Regeln zu erstellen, um das wirksame Funktionieren des Marktes zu gewährleisten. Die nationalen Regulierungsbehörden sollten befugt sein, den Zugang, die Zusammenschaltung und die Interoperabilität von Diensten im Interesse der Nutzer zu angemessenen Bedingungen sicherzustellen, falls dies auf dem Verhandlungsweg nicht erreicht wird. Sie können insbesondere die Gewährleistung des End-zu-End-Verbunds dadurch sicherstellen, dass den Unternehmen, die den Zugang zu den Endnutzern kontrollieren, ausgewogene Verpflichtungen auferlegt werden. Die Kontrolle der Zugangswege kann den Besitz oder die Kontrolle der (festen oder mobilen) physischen Verbindung zu dem Endnutzer und/oder die Fähigkeit implizieren, die nationale Nummer oder die nationalen Nummern, die für den Zugang zu dem jeweiligen Netzendpunkt des Endnutzers erforderlich sind, zu ändern oder zu entziehen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn Netzbetreiber die Auswahl für die Endnutzer beim Zugang zu Internetportalen und -diensten in unzumutbarer Weise beschränken.”
Rz. 3
Im vierzehnten Erwägungsgrund dieser Richtlinie wird erläutert:
„In der Richtlinie 97/33/EG wurde eine Reihe von Verpflichtungen für Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht festgelegt: Transparenz, Gleichbehandlung, getrennte Buchführung, Gewährung des Zugangs und Preiskontrolle, einschließlich Kostenorientierung. Diese Reihe möglicher Verpflichtungen sollte als Möglichkeit beibehalten, gleichzeitig aber auch als Obergrenze der Auflagen für Unternehmen festgeschrieben werden, um eine Überregulierung zu vermeiden. In Ausnahmefällen kann es zur Einhaltung internationaler Verpflichtungen oder des Gemeinschaftsrechts zweckmäßig sein, allen Marktteilnehmern Verpflichtungen in Bezug auf Zugang und Zusammenschaltung aufzuerlegen, wie dies gegenwärtig bei den Zugangsberechtigungssystemen für Digitalfernsehdienste der Fall ist.”
Rz. 4
Der neunzehnte Erwägungsgrund dieser Richtlinie lautet:
„Die Verpflichtung zur Gewährung des Infrastrukturzugangs kann ein angemessenes Mittel zur Belebung des We...