Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Grenzkontrollen, Asyl und Einwanderung. Internationaler Schutz. Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen. Drittstaatsangehöriger, der sich von einem Mitgliedstaat der Europäischen Union in einen anderen begeben, aber nur in Letzterem internationalen Schutz beantragt hat. Entscheidung zur Überstellung in den ersten Mitgliedstaat. Zugang einer Person, die internationalen Schutz beantragt, zum Arbeitsmarkt

 

Normenkette

Richtlinie 2013/33/EU; Verordnung (EU) Nr. 604/2013

 

Beteiligte

The International Protection Appeals Tribunal u.a

K.S

M.H.K

R.A.T

D.S

The International Protection Appeals Tribunal

The Minister for Justice and Equality

Irland

The Attorney General

Minister for Justice and Equality

 

Tenor

1. Ein nationales Gericht muss die Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes, die nach den Art. 1 und 2 sowie Art. 4a Abs. 1 des Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts im Mitgliedstaat dieses Gerichts nicht anwendbar ist, berücksichtigen, wenn es die Bestimmungen der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, auslegt, die ihrerseits nach Art. 4 des Protokolls in diesem Mitgliedstaat anwendbar ist.

2. Art. 15 der Richtlinie 2013/33 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, die einen Antragsteller vom Zugang zum Arbeitsmarkt allein deshalb ausschließt, weil ihm gegenüber eine Überstellungsentscheidung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist, ergangen ist.

3. Art. 15 Abs. 1 der Richtlinie 2013/33 ist dahin auszulegen, dass

  • dem Antragsteller eine Verzögerung beim Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz zur Last gelegt werden darf, die auf eine mangelnde Zusammenarbeit dieses Antragstellers mit den zuständigen Behörden zurückzuführen ist;
  • ein Mitgliedstaat einem Antragsteller die Verzögerung beim Erlass einer erstinstanzlichen Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz nicht deshalb zur Last legen darf, weil dieser Antragsteller seinen Antrag nicht gemäß Art. 13 der Verordnung Nr. 604/2013 im Mitgliedstaat der ersten Einreise gestellt hat;
  • ein Mitgliedstaat einem Antragsteller die Verzögerung bei der Bearbeitung seines Antrags auf internationalen Schutz, die sich daraus ergibt, dass er gemäß der Verordnung Nr. 604/2013 gegen die gegen ihn ergangene Überstellungsentscheidung einen gerichtlichen Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung eingelegt hat, nicht zur Last legen darf.
 

Tatbestand

In den verbundenen Rechtssachen

betreffend zwei Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 267 AEUV, eingereicht vom High Court (Hoher Gerichtshof, Irland) (C-322/19) und vom International Protection Appeals Tribunal (Gericht für Rechtsbehelfe in Sachen des internationalen Schutzes, Irland) (C-385/19) mit Entscheidungen vom 25. März 2019 und vom 16. Mai 2019, beim Gerichtshof eingegangen am 23. April 2019 bzw. 16. Mai 2019, in den Verfahren

K.S.,

M.H.K.

gegen

The International Protection Appeals Tribunal,

The Minister for Justice and Equality,

Irland,

The Attorney General (C-322/19)

und

R.A.T.,

D.S.

gegen

Minister for Justice and Equality (C-385/19)

erlässt

DER GERICHTSHOF (Vierte Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten M. Vilaras sowie der Richter N. Piçarra (Berichterstatter), D. Šváby und S. Rodin sowie der Richterin K. Jürimäe,

Generalanwalt: J. Richard de la Tour,

Kanzler: A. Calot Escobar,

aufgrund des schriftlichen Verfahrens,

unter Berücksichtigung der Erklärungen

  • von K.S., vertreten durch M. Conlon, QC, B. Burns, Solicitor, sowie E. Dornan und P. O'Shea, BL,
  • von M.H.K., vertreten durch M. Conlon, QC, B. Burns, Solicitor, sowie E. Dornan und P. O'Shea, BL,
  • von R.A.T., vertreten durch M. Conlon, QC, B. Burns, Solicitor, und E. Dornan, BL,
  • von D.S., vertreten durch M. Conlon, QC, S. Bartels und A. Lodge, Solicitors, und E. Bouchared, BL,
  • des Minister for Justice and Equality, vertreten durch M. Browne, G. Hodge, S.-J. Hillery und R. Barron als Bevollmächtigte,
  • der Europäischen Kommission, vertreten durch A. Azéma, C. Ladenburger und J. Tomkin als Bevollmächtigte,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 3. September 2020

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

Rz. 1

Die Vorabentscheidungsersuchen betreffen die Auslegung von Art. 15 der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rat...

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