Entscheidungsstichwort (Thema)

Vorlage zur Vorabentscheidung. Asyl- und Einwanderungspolitik. Antrag auf internationalen Schutz. Unzulässigkeitsgründe. Folgeanträge. Verfahren an der Grenze. Haft. Rechtmäßigkeit. Wirksame Rechtsbehelfe. Inhaftnahme. Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf. Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts

 

Normenkette

Richtlinie 2013/32/EU Art. 33 Abs. 2, Art. 40, 43; Richtlinie 2008/115/EU Art. 13, 15; Richtlinie 2013/33/EU Art. 2 Buchst. h, Art. 8-9

 

Beteiligte

Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság Dél-alföldi Regionális Igazgatóság

FMS

FNZ

SA

SA junior

Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság Dél-alföldi Regionális Igazgatóság

Országos Idegenrendészeti Főigazgatóság

 

Tenor

1. Art. 13 der Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger ist im Licht von Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union dahin auszulegen, dass er einer Regelung eines Mitgliedstaats entgegensteht, nach der die Änderung des in einer vorausgegangenen Rückkehrentscheidung angegebenen Ziellandes durch eine Verwaltungsbehörde von dem betreffenden Drittstaatsangehörigen lediglich mit einem Rechtsbehelf angefochten werden kann, der bei einer Verwaltungsbehörde einzulegen ist, ohne dass eine spätere gerichtliche Überprüfung der Entscheidung dieser Behörde gewährleistet ist. In einem solchen Fall sind der Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts und der in Art. 47 der Charta der Grundrechte garantierte Anspruch auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz dahin zu verstehen, dass sie dem nationalen Gericht, bei dem ein Rechtsbehelf eingelegt wurde, mit dem die Unionsrechtswidrigkeit der Rückkehrentscheidung, mit der das in einer vorangegangen Rückkehrentscheidung angegebene Zielland geändert wurde, geltend gemacht wird, gebieten, sich für den Rechtsbehelf für zuständig zu erklären.

2. Art. 33 der Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung entgegensteht, nach der ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen werden kann, weil der Antragsteller in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats durch einen Mitgliedstaat eingereist ist, in dem er keiner Verfolgung ausgesetzt ist und in dem für ihn auch nicht die Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden im Sinne der nationalen Vorschrift zur Umsetzung von Art. 15 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes zu erleiden, oder in dem ein angemessener Schutz gewährleistet ist.

3. Die Richtlinie 2013/32 ist in Verbindung mit Art. 18 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union und dem Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit (Art. 4 Abs. 3 EUV) dahin auszulegen, dass in Fällen, in denen ein Asylantrag abgelehnt wurde und diese Entscheidung durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bestätigt wurde, bevor ihre Unionswidrigkeit festgestellt worden ist, die Asylbehörde im Sinne von Art. 2 Buchst. f der Richtlinie 2013/32 nicht verpflichtet ist, den Asylantrag erneut zu prüfen. Art. 33 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2013/32 ist dahin auszulegen, dass die Existenz eines Urteils des Gerichtshofs, mit dem die Unvereinbarkeit einer nationalen Regelung mit dem Unionsrecht festgestellt wird, nach der ein Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückgewiesen werden kann, weil der Antragsteller in das Hoheitsgebiet des betreffenden Mitgliedstaats durch einen Staat eingereist ist, in dem er keiner Verfolgung ausgesetzt ist und in dem für ihn auch nicht die Gefahr besteht, einen ernsthaften Schaden zu erleiden, oder in dem ein angemessener Schutz gewährleistet ist, im Sinne von Art. 33 Abs. 2 Buchst. d der Richtlinie 2013/32 eine neue Erkenntnis im Hinblick auf die Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz darstellt. Im Übrigen ist diese Bestimmung auf einen Folgeantrag im Sinne von Art. 2 Buchst. q dieser Richtlinie nicht anwendbar, wenn die Asylbehörde feststellt, dass die bestandskräftige Ablehnung des früheren Antrags unionsrechtswidrig ist. Dies gilt zwingend, wenn sich die Unionsrechtswidrigkeit der Ablehnung des früheren Antrags aus einem Urteil des Gerichtshofs ergibt oder von einem nationalen Gericht inzident festgestellt worden ist.

4. Die Richtlinie 2008/115 und die Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen, sind dahin auszulegen, dass die Verpflichtu...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge