Entscheidungsstichwort (Thema)

„Vertragsverletzung eines Mitgliedstaats. Aushandlung, Abschluss, Ratifizierung und Inkraftsetzung von Abkommen durch einen Mitgliedstaat. Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr. Außenkompetenz der Gemeinschaft. Artikel 10 EG. Verordnungen (EWG) Nr. 3921/91 und (EG) Nr. 1356/96”

 

Beteiligte

Kommission / Deutschland

Kommission der Europäischen Gemeinschaften

Bundesrepublik Deutschland

 

Tenor

1. Die Bundesrepublik Deutschland hat dadurch ihre Verpflichtungen aus Artikel 10 EG verletzt, dass sie

  • das am 22. Oktober 1991 in Bonn unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Rumäniens über die Binnenschifffahrt,
  • das am 8. November 1991 in Warschau unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Binnenschifffahrt und
  • das am 14. Juli 1992 in Bonn unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Ukraine über die Binnenschifffahrt

ratifiziert und in Kraft gesetzt hat, ohne mit der Kommission der Europäischen Gemeinschaften zusammenzuarbeiten oder sich mit ihr abzustimmen.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kommission der Europäischen Gemeinschaften und die Bundesrepublik Deutschland tragen ihre eigenen Kosten.

 

Tatbestand

In der Rechtssache

betreffend eine Vertragsverletzungsklage nach Artikel 226 EG, eingereicht am 10. Oktober 2003,

Kommission der Europäischen Gemeinschaften, vertreten durch C. Schmidt, W. Wils und A. Manville als Bevollmächtigte, Zustellungsanschrift in Luxemburg,

Klägerin,

gegen

Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch W.-D. Plessing als Bevollmächtigten im Beistand von Rechtsanwalt G. Schohe,

Beklagte,

erlässt

DER GERICHTSHOF (Zweite Kammer)

unter Mitwirkung des Kammerpräsidenten C. W. A. Timmermans sowie der Richterin R. Silva de Lapuerta (Berichterstatterin) und der Richter C. Gulmann, J. Makarczyk und P. Kūris,

Generalanwalt: A. Tizzano,

Kanzler: R. Grass,

nach Anhörung der Schlussanträge des Generalanwalts in der Sitzung vom 10. März 2005

folgendes

Urteil

 

Entscheidungsgründe

1 Mit ihrer Klage beantragt die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, festzustellen, dass die Bundesrepublik Deutschland

  1. dadurch ihre Verpflichtungen aus Artikel 10 EG und der Verordnung (EWG) Nr. 3921/91 des Rates vom 16. Dezember 1991 über die Bedingungen für die Zulassung von Verkehrsunternehmen zum Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr innerhalb eines Mitgliedstaats, in dem sie nicht ansässig sind (ABl. L 373, S. 1), verletzt hat, dass sie

    • das am 22. Oktober 1991 in Bonn unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung Rumäniens über die Binnenschifffahrt (BGBl. 1993 II S. 770, im Folgenden: Abkommen mit Rumänien),
    • das am 8. November 1991 in Warschau unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Republik Polen über die Binnenschifffahrt (BGBl. 1993 II S. 779, im Folgenden: Abkommen mit Polen) und
    • das am 14. Juli 1992 in Bonn unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Ukraine über die Binnenschifffahrt (BGBl. 1994 II S. 258, im Folgenden: Abkommen mit der Ukraine)

    individuell ausgehandelt, abgeschlossen, ratifiziert und in Kraft gesetzt hat und

  2. dadurch ihre Verpflichtungen aus der Verordnung (EG) Nr. 1356/96 des Rates vom 8. Juli 1996 über gemeinsame Regeln zur Verwirklichung der Dienstleistungsfreiheit im Binnenschiffsgüter- und -personenverkehr zwischen Mitgliedstaaten (ABl. L 175, S. 7) verletzt hat, dass sie sich geweigert hat, die Abkommen mit Rumänien, Polen und der Ukraine sowie

    • das am 26. Januar 1988 in Prag unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik über die Binnenschifffahrt (BGBl. 1989 II S. 1035, im Folgenden: Abkommen mit der Tschechoslowakei) und
    • das am 15. Januar 1988 in Budapest unterzeichnete Abkommen zwischen der Regierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Volksrepublik Ungarn über die Binnenschifffahrt (BGBl. 1989 II S. 1026, im Folgenden: Abkommen mit Ungarn)

    zu kündigen.

Rechtlicher Rahmen

Gemeinschaftsrecht

Vorschriften des EG-Vertrags

2 Artikel 10 EG lautet:

„Die Mitgliedstaaten treffen alle geeigneten Maßnahmen allgemeiner oder besonderer Art zur Erfüllung der Verpflichtungen, die sich aus diesem Vertrag oder aus Handlungen der Organe der Gemeinschaft ergeben. Sie erleichtern dieser die Erfüllung ihrer Aufgabe.

Sie unterlassen alle Maßnahmen, welche die Verwirklichung der Ziele dieses Vertrags gefährden könnten.”

3 In Bezug auf den Verkehrssektor bestimmt Artikel 70 EG, dass die Mitgliedstaaten die Ziele des Vertrages im Rahmen einer gemeinsamen Politik verfolgen.

4 Artikel 71 Absatz 1 EG lautet:

„Zur Durchführung des Artikels 70 wird der Rat unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Verkehrs gemäß dem Verfahren des...

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